17/09/2003 Kurier.at
  In Wiesenthals Fußstapfen auf NS-Verbrecher-Jagd

 
 

Mit einem Nazi persönlich gesprochen hat Zuroff bis heute nicht, denn für ihn sind das "Menschen ohne Moral, ohne Reue".

Wien - "Beruf: Nazi-Jäger" lautet der Titel eines Buchs von Efraim Zuroff (54). Und der Jagd nach Nazi-Verbrechern hat Zuroff auch sein Arbeitsleben gewidmet. Fündig ist der Leiter der Israel-Stelle des Wiesenthal-Centers dabei in den vergangenen Jahren vor allem in Osteuropa geworden. Das "Handwerk" erlernt hat Zuroff beim heute 94-jährigen Simon Wiesenthal, dem Doyen der internationalen NS-Täterausforschung. Wiesenthal ist Zuroff, den er erstmals 1978 traf, bis heute Mentor und Freund. Mit einem Nazi persönlich gesprochen hat Zuroff bis heute nicht, denn für ihn sind das "Menschen ohne Moral, ohne Reue", sagte er einmal in einem Zeitungsinterview. Seine Motivation, Nazis zu jagen: "Weil ich Jude bin."

Kurt Waldheim

Geboren wurde Efraim Zuroff im Dezember 1948 in New York, aufgewachsen ist er im Stadtteil Brooklyn. Zuroff studierte zwar bereits in New York an der Yeshiva University, für das Land Israel zu interessieren begann sich der Basketball vernarrte Student allerdings erst nach dem Sechs-Tage-Krieg. Geschichte wurde seine Leidenschaft - zuerst die seiner Familie (Zuroffs Onkel kam in Litauen ums Leben und die Umstände des Todes konnten nie geklärt werden), dann die des jüdischen Volkes.
1979 wurde das Office of Special Investigation (OSI) in den USA gegründet. Dessen Auftrag war es, in den USA lebende Nazi-Kriegsverbrecher aufzuspüren, um ihnen die Staatsbürgerschaft abzuerkennen und sie auszuweisen. Zuroff wurde nach einem Projekt im Wiesenthal Center und Beendigung seines Studiums der israelische Vertreter des OSI. In dieser Eigenschaft sorgte er auch dafür, dass der frühere Bundespräsident Kurt Waldheim auf die Watch List gesetzt wurde, was dem Ex-Staatsoberhaupt bis heute die Einreise in die USA unmöglich macht.

"Unsere Arbeit beweist, dass Goldhagen Unrecht hat"

Seit 1986 ist Zuroff Direktor des Jerusalemer Wiesenthal Centers. Dabei konzentriert sich Zuroff vor allem auf die Jagd von Nazi-Verbechern in Osteuropa. Dazu sagte der Wiesenthal-Schüler einmal: "Unsere Arbeit beweist, dass Daniel Goldhagen Unrecht hat. Die Täter waren nicht nur gewöhnliche Deutsche und Österreicher, sondern auch gewöhnliche Kroaten, Litauer, Letten und Ukrainer."
Es war Zuroff, der herausfand, dass der SS-Arzt von Auschwitz, Josef Mengele, in Brasilien gestorben war. Und es war Zuroff, der belegen konnte, dass Josef Schwammberger von einem Gericht in Stuttgart zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Der Kommandant dreier polnischer Zwangsarbeiterlager hatte mindestens 25 Juden persönlich ermordet. Sein Hauptthema sind aber Mordkommandos, deren Mitglieder aus Litauen, Lettland, Estland, Weißrussland und der Ukraine geflüchtet sind.

"Operation letzte Chance"

In den vergangenen Wochen hat Zuroff sein Augenmerk allerdings auf Österreich gelegt. Die "Operation letzte Chance" soll mit einer Prämie von 10.000 Dollar (8.864 Euro) für Hinweise, die zu Ermittlungen gegen NS-Täter führen, einen Anreiz schaffen, die Strafverfolgung gegen frühere NS-Kriegsverbrecher wieder aufzunehmen. Eine ähnliche Aktion hatte das Wiesenthal Center erstmals im Vorjahr in den baltischen Staaten durchgeführt.