RONALD ESCHER
Es sei bedauerlich, "dass Verbrechen begangen
worden sind" - aber nicht von ihm: So lauteten in der Nacht zum 16. Oktober 1946 die letzten
Worte des aus Österreich stammenden Nazi-Kriegsverbrechers Ernst Kaltenbrunner
- skrupelloser Chef der Sicherheitspolizei - unter dem Galgen.
60 Jahre nach Nürnberg wurde im italienischen La Spezia ein 84-jähriger Ex-SS-Unteroffizier
wegen eines Massakers an 207 Zivilisten in der Toskana 1944
zu lebenslanger Haft verurteilt. Bereits im September hatten
zwei andere ehemalige SS-Männer in La Spezia wegen eines
ähnlichen Massakers "lebenslang" erhalten. 2005 war über zehn weitere jeweils die Höchststrafe verhängt worden.
Und es wird weiter ermittelt.
All diese Männer sind hochbetagt. Damals waren sie jung.
Heute werden sie in Abwesenheit verurteilt. Damals waren
sie mörderische Handlanger einer menschenverachtenden Ideologie
vor Ort. Die Erinnerung lebt dort bis heute. Sie, die sich
schuldig gemacht haben, werden heute kein Gefängnis mehr
von innen sehen. Damals trieben sie die Unschuldigen zusammen.
Haben solche Prozesse heute noch einen
Sinn? Ja, weil sie Menschen ein Gesicht geben, die sich vor
der Welt und vor sich selbst stets hinter der Maske verschanzten: "Es sind Verbrechen begangen worden, aber ich war nicht dabei."
Und, weil es heute wieder Menschen
gibt, die generell Gräuel dieser dunklen Zeit bestreiten
oder verharmlosen. Ihnen kann man nicht oft genug zeigen:
Es ist nichts vergessen.
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