Ehefrau des mutmaßlichen kroatischen Nazi-Kriegsverbrechers Milivoj Ašner stellt
Sun-Interview in Abrede
Klagenfurt - Edeltraut Ašner, die Frau des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Milivoj
Ašner, stellt in Abrede, dass ihr Mann bereit sei, vor Gericht auszusagen. Das
britische Boulevardblatt Sun hatte Asner während der EURO 2008 in Klagenfurt
aufgespürt und interviewt. Er sei vollkommen klar gewesen, behauptet die Sun.
Edeltraut Ašner meinte, vom STANDARD darauf angesprochen: "Das
kann er auf gar keinen Fall so gesagt haben. Er ist gar nicht in der Lage dazu,
einem Sachverhalt zu folgen und sich auf Fragen ein rasches Urteil zu bilden."
Ašners Gattin verweist stattdessen auf mehrere Gerichtsgutachten, die ihrem Mann "schwere Demenz" und damit "Prozessunfähigkeit" bescheinigen. Sie will auch nicht bestätigen, dass ein Sun-Reporter in der gemeinsamen
Wohnung in Klagenfurt aufgetaucht sei: "Wissen Sie, es kommen so viele Leute, ich weiß gar nicht, wer aller da war. Außerdem
bin ich ja auch nicht immer anwesend." Auf die Frage, ob der STANDRD Ašner besuchen könne, um sich selbst ein Bild
zu machen, verneinte Edeltraut Ašner: " Nein, das wollen wir nicht."
Dass Milivoj Ašner zu dement sei, um vor Gericht gestellt zu werden, kann auch
der ORF-Redakteur Martin Voill nicht nachvollziehen.
"Zurechnungsfähig"
Voill hat Ašner am 1. September 2005
telefonisch interviewt: "Mein Eindruck war damals, dass er voll zurechnungsfähig ist, eine klare Meinung
und eine konkrete Erinnerung an die Zeit von 1941 bis 1945
hat." Innerhalb kürzester Zeit müsste sich der Zustand Ašners also rapid verschlechtert
haben.
Aus der Interview-Mitschrift geht
hervor, dass Ašner wusste, worum es ging: Zum Vorhalt, dass
er als Ustascha-Polizeichef Juden deportieren ließ, sagt
Ašner: "Alles Erfindungen, ich habe unter den Juden sogar Freunde gehabt. Aber die Juden
sind unfair und es gibt unter ihnen Lügner. Zuroff (der Leiter
des Simon Wiesenthal-Centers, Anm.) ist für mich ein Gesindel.
Sie brauchen ein Opfer."
Zum Zeitpunkt des Interviews 2005
waren die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Ašner
wegen des kroatischen Auslieferungsbegehrens voll im Gange.
2006 wurde das erste Gutachten von Professor Reinhard Haller
eingeholt. "Man bemüht sich in solchen Fällen immer, eine breitest mögliche Basis an Expertisen
heranzuziehen und die betreffende Person umfassend zu untersuchen", sagt Haller: "Leicht machen es sich Gutachter nie, daher empfinde ich alle diesbezüglichen
Vorwürfe als nicht gerecht". Ašner war schon in der 70er-Jahren in Klagenfurt bewunderter Mittelpunkt einer
starken kroatischen Exil-Gemeinde aus ehemaligen Ustascha-Mitgliedern.
(Elisabeth Steiner/DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2008)
derstandard.at
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