18. Juni 2008 19:23 derstandard.at
  Edeltraut Ašner: "Das kann er nicht gesagt haben"  
 

Ehefrau des mutmaßlichen kroatischen Nazi-Kriegsverbrechers Milivoj Ašner stellt Sun-Interview in Abrede
Klagenfurt - Edeltraut Ašner, die Frau des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Milivoj Ašner, stellt in Abrede, dass ihr Mann bereit sei, vor Gericht auszusagen. Das britische Boulevardblatt Sun hatte Asner während der EURO 2008 in Klagenfurt aufgespürt und interviewt. Er sei vollkommen klar gewesen, behauptet die Sun. Edeltraut Ašner meinte, vom STANDARD darauf angesprochen: "Das kann er auf gar keinen Fall so gesagt haben. Er ist gar nicht in der Lage dazu, einem Sachverhalt zu folgen und sich auf Fragen ein rasches Urteil zu bilden."

Ašners Gattin verweist stattdessen auf mehrere Gerichtsgutachten, die ihrem Mann "schwere Demenz" und damit "Prozessunfähigkeit" bescheinigen. Sie will auch nicht bestätigen, dass ein Sun-Reporter in der gemeinsamen Wohnung in Klagenfurt aufgetaucht sei: "Wissen Sie, es kommen so viele Leute, ich weiß gar nicht, wer aller da war. Außerdem bin ich ja auch nicht immer anwesend." Auf die Frage, ob der STANDRD Ašner besuchen könne, um sich selbst ein Bild zu machen, verneinte Edeltraut Ašner: " Nein, das wollen wir nicht."

Dass Milivoj Ašner zu dement sei, um vor Gericht gestellt zu werden, kann auch der ORF-Redakteur Martin Voill nicht nachvollziehen.

"Zurechnungsfähig"

Voill hat Ašner am 1. September 2005 telefonisch interviewt: "Mein Eindruck war damals, dass er voll zurechnungsfähig ist, eine klare Meinung und eine konkrete Erinnerung an die Zeit von 1941 bis 1945 hat." Innerhalb kürzester Zeit müsste sich der Zustand Ašners also rapid verschlechtert haben.

Aus der Interview-Mitschrift geht hervor, dass Ašner wusste, worum es ging: Zum Vorhalt, dass er als Ustascha-Polizeichef Juden deportieren ließ, sagt Ašner: "Alles Erfindungen, ich habe unter den Juden sogar Freunde gehabt. Aber die Juden sind unfair und es gibt unter ihnen Lügner. Zuroff (der Leiter des Simon Wiesenthal-Centers, Anm.) ist für mich ein Gesindel. Sie brauchen ein Opfer."

Zum Zeitpunkt des Interviews 2005 waren die Vorermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Ašner wegen des kroatischen Auslieferungsbegehrens voll im Gange. 2006 wurde das erste Gutachten von Professor Reinhard Haller eingeholt. "Man bemüht sich in solchen Fällen immer, eine breitest mögliche Basis an Expertisen heranzuziehen und die betreffende Person umfassend zu untersuchen", sagt Haller: "Leicht machen es sich Gutachter nie, daher empfinde ich alle diesbezüglichen Vorwürfe als nicht gerecht". Ašner war schon in der 70er-Jahren in Klagenfurt bewunderter Mittelpunkt einer starken kroatischen Exil-Gemeinde aus ehemaligen Ustascha-Mitgliedern. (Elisabeth Steiner/DER STANDARD, Printausgabe, 19.6.2008)

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