Wien - Beim Massaker von Rechnitz
(Rohoncz) im Burgenland waren Ende März 1945 auf dem Anwesen
von Margit Batthyány (geb. Thyssen-Bornemisza) schätzungsweise
180 jüdische Zwangsarbeiter aus Ungarn von SS-Männern und
Gästen der Schlossherrin umgebracht. Nun will Francesca Habsburg
dafür einsetzen, dass die Umstände der Morde auf dem Anwesen
ihrer Tante aufgeklärt werden.
Habsburg stehe in Kontakt mit diversen Forschungs- und Gedenkinitiativen und
habe den Historiker Lothar Beckel beauftragt, die Gräber
der Opfer mittels historischer Luftbildaufnahmen und aktueller
Satellitenbilder auszuforschen, teilte die Ehefrau von Karl
Habsburg-Lothringen, dem Enkel des letzten österreichischen
Kaisers, dem Wiener Nachrichtenmagazin "profil" laut einer Vorausmeldung vom Samstag mit.
Würdige Bestattung der Opfer
Ziel der Nachforschung sei es, "eine
würdige Bestattung der Opfer zu ermöglichen", sagte die Tochter des verstorbenen Kunstmäzens Baron Hans-Heinrich Thyssen-Bornemisza.
Die Massengräber konnten - nicht zuletzt wegen vermuteter
Einschüchterung der Ortsbevölkerung - bis heute nicht ausfindig
gemacht werden. "In diesem Umfeld der grausamen Geschehnisse ist es für mich wichtig, eine menschliche
Geste zu setzen", wurde Francesca Habsburg-Thyssen zitiert. Sie würde es sehr begrüßen, "dass meine Familie die damaligen Ereignisse von unabhängigen Historikern aufarbeiten
lässt".
Das "Simon Wiesenthal
Center" in Jerusalem hatte eine Untersuchung des Massakers gefordert. Sein Leiter Efraim
Zuroff erklärte, die Ermittlungsverfahren seien unter zum
Teil merkwürdigen Umständen eingestellt worden. Die Täter
seien nie zur Rechenschaft gezogen worden. Österreich erhob
nie Anklage gegen die 1989 in der Schweiz verstorbene Gräfin
Batthyány. Der Massenmord war Gegenstand intensiver Recherchen
des britischen Historikers David Litchfield, dessen Buch
("The Thyssen Art Macabre") jetzt auch in deutscher Übersetzung erscheint.
In Scheune zusammengetrieben
Die völlig erschöpften Zwangsarbeiter
sollten beim Bau des "Südostwalls" eingesetzt werden. Sie wurden in der Nacht vom 23. auf den 24. März 1945 in
einer Scheune zusammengetrieben. "Der Gestapo-Mann Franz Pozedin forderte handverlesene Gäste (der Gräfin) auf,
das Feuer auf die ausgezehrten, nackten Opfer zu eröffnen.
Anschließend ging das Gelage im Schloss weiter, die Täter
rühmten sich ihres Blutrauschs", hatte "Die Presse" im Oktober 2007 berichtet. Die Toten wurden verscharrt; etwa 15 bis 20 Juden,
die die Gräben zuschütten mussten, wurden einen Tag später
ermordet. Wenige Tage nach dem Massaker rückten sowjetische
Truppen in Rechnitz ein.
Francesca Habsburgs Onkel Fritz Thyssen
(1873-1951) unterstützte schon in den 1920er-Jahren als einer
der ersten deutschen Großindustriellen Adolf Hitlers NSDAP
mit beträchtlichen Geldmitteln. Wie andere deutsche Wirtschaftsmagnaten
fühlte er sich von Hitlers Kampf gegen den Marxismus und
die Gewerkschaften angezogen. Der Chef des Stahltrusts und
Reichstagsabgeordnete emigrierte 1939 in die Schweiz und
bereute seine Torheit in seinem 1941 erschienenen Buch "Ich bezahlte Hitler".
derstandard.at
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