11. Oktober 2008 derstandard.at
  Francesca Habsburg bemüht sich um Aufklärung des Rechnitzer Massakers
(APA/red)
 
 

Wien - Beim Massaker von Rechnitz (Rohoncz) im Burgenland waren Ende März 1945 auf dem Anwesen von Margit Batthyány (geb. Thyssen-Bornemisza) schätzungsweise 180 jüdische Zwangsarbeiter aus Ungarn von SS-Männern und Gästen der Schlossherrin umgebracht. Nun will Francesca Habsburg dafür einsetzen, dass die Umstände der Morde auf dem Anwesen ihrer Tante aufgeklärt werden.

Habsburg stehe in Kontakt mit diversen Forschungs- und Gedenkinitiativen und habe den Historiker Lothar Beckel beauftragt, die Gräber der Opfer mittels historischer Luftbildaufnahmen und aktueller Satellitenbilder auszuforschen, teilte die Ehefrau von Karl Habsburg-Lothringen, dem Enkel des letzten österreichischen Kaisers, dem Wiener Nachrichtenmagazin "profil" laut einer Vorausmeldung vom Samstag mit.

Würdige Bestattung der Opfer

Ziel der Nachforschung sei es, "eine würdige Bestattung der Opfer zu ermöglichen", sagte die Tochter des verstorbenen Kunstmäzens Baron Hans-Heinrich Thyssen-Bornemisza. Die Massengräber konnten - nicht zuletzt wegen vermuteter Einschüchterung der Ortsbevölkerung - bis heute nicht ausfindig gemacht werden. "In diesem Umfeld der grausamen Geschehnisse ist es für mich wichtig, eine menschliche Geste zu setzen", wurde Francesca Habsburg-Thyssen zitiert. Sie würde es sehr begrüßen, "dass meine Familie die damaligen Ereignisse von unabhängigen Historikern aufarbeiten lässt".

Das "Simon Wiesenthal Center" in Jerusalem hatte eine Untersuchung des Massakers gefordert. Sein Leiter Efraim Zuroff erklärte, die Ermittlungsverfahren seien unter zum Teil merkwürdigen Umständen eingestellt worden. Die Täter seien nie zur Rechenschaft gezogen worden. Österreich erhob nie Anklage gegen die 1989 in der Schweiz verstorbene Gräfin Batthyány. Der Massenmord war Gegenstand intensiver Recherchen des britischen Historikers David Litchfield, dessen Buch ("The Thyssen Art Macabre") jetzt auch in deutscher Übersetzung erscheint.

In Scheune zusammengetrieben

Die völlig erschöpften Zwangsarbeiter sollten beim Bau des "Südostwalls" eingesetzt werden. Sie wurden in der Nacht vom 23. auf den 24. März 1945 in einer Scheune zusammengetrieben. "Der Gestapo-Mann Franz Pozedin forderte handverlesene Gäste (der Gräfin) auf, das Feuer auf die ausgezehrten, nackten Opfer zu eröffnen. Anschließend ging das Gelage im Schloss weiter, die Täter rühmten sich ihres Blutrauschs", hatte "Die Presse" im Oktober 2007 berichtet. Die Toten wurden verscharrt; etwa 15 bis 20 Juden, die die Gräben zuschütten mussten, wurden einen Tag später ermordet. Wenige Tage nach dem Massaker rückten sowjetische Truppen in Rechnitz ein.

Francesca Habsburgs Onkel Fritz Thyssen (1873-1951) unterstützte schon in den 1920er-Jahren als einer der ersten deutschen Großindustriellen Adolf Hitlers NSDAP mit beträchtlichen Geldmitteln. Wie andere deutsche Wirtschaftsmagnaten fühlte er sich von Hitlers Kampf gegen den Marxismus und die Gewerkschaften angezogen. Der Chef des Stahltrusts und Reichstagsabgeordnete emigrierte 1939 in die Schweiz und bereute seine Torheit in seinem 1941 erschienenen Buch "Ich bezahlte Hitler".

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