12.12.2008 | 11:14 | diepresse.com
  Wiesenthal-Zentrum: Österreich scheitert bei Nazi-Verfolgung  
 

Dem aktuellen Jahresbericht des Wiesenthal Zentrums zufolge hat es Österreich seit drei Jahrzehnten verabsäumt, jemanden wegen Verbrechen gegen Juden während des Holocaust zu verurteilen.

Österreich ist bei der gerichtlichen Verfolgung von Nazi-Verbrechern nur "minimal erfolgreich". Das geht aus dem Jahresbericht 2008 des Simon Wiesenthal Zentrums in Jerusalem hervor. Demnach hat Österreich während des Untersuchungszeitraumes vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2008 keinen einzigen Schuldspruch erwirkt und auch keinen Nazi-Verbrecher angeklagt.

Österreich wird in dem Bericht zu jenen Ländern gerechnet, die nur einen "minimalen Erfolg, der größer sein hätte können", erzielten. Trotz einer "Vielzahl an potenziellen Verdächtigen" habe es Österreich seit drei Jahrzehnten versäumt, jemanden wegen Verbrechen gegen Juden während des Holocaust zu verurteilen. Deshalb würde das Land "konsequent scheitern, einen konkreten Erfolg zu erreichen", heißt es in der Untersuchung. Die Situation in Österreich sei weiterhin "extrem negativ".

Verbesserungen unter Ministerin Berger

Unter der ehemaligen SP-Justizministerin Maria Berger sei aber eine "merkliche Verbesserung" in der Einstellung der österreichischen Behörden zur Verfolgung von Nazi-Verbrechern bemerkbar, heißt es in dem Bericht weiter. Grund dafür sei erstens die Entscheidung vom Juli 2007, eine Prämie von 50.000 Euro für zweckdienliche Hinweise zur Ergreifung von Aribert Heim und Alois Brunner auszuschreiben. Ebenfalls positiv vermerkt wird in dem Bericht, dass der Fall der ehemaligen KZ-Aufseherin Erna Wallisch im Jänner neu aufgerollt wurde. Wallisch verstarb im Februar jedoch.

Kritisiert werden in dem Bericht des Simon Wiesenthal Zentrums auch Australien, Kroatien, Estland, Ungarn, Litauen, Lettland und die Ukraine. Diese Länder seien "zumindest theoretisch" imstande, gerichtliche Schritte gegen Holocaust-Straftäter einzuleiten, hätten es aber versäumt, während des Untersuchungszeitraumes Erfolge zu erzielen.

USA am erfolgreichsten

Am erfolgreichsten in der Nazi-Verfolgung sind dem Report zufolge die USA. Diese hätten ein "äußerst erfolgreiches Programm zu Ermittlungen und Verfolgung" von Holocaust-Straftätern. Ebenfalls "konkrete Erfolge" könnten Kanada, Deutschland und Italien vorweisen, heißt es in dem Bericht.

Generell hat sich die Zahl von neuen Ermittlungen gegen Holocaust-Straftäter laut der Untersuchung im vergangenen Jahr mehr als verdreifacht. In 18 Ländern seien die Verfolgungen von Nazi-Verbrechern fortgesetzt worden. Außerdem seien weltweit sieben erfolgreiche Prozesse gegen ehemalige Nazis geführt worden.

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