Wien/Klagenfurt. Manfred Herrnhofer
ist sauer. Der Richter und Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt
kann die Kritik an der österreichischen Justiz in Sachen
Verfolgung von NS-Verbrechern nicht verstehen. Im Zusammenhang
mit dem mutmaßlichen Tod des SS-Lagerarztes Aribert Heim
hatte Efraim Zuroff, Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums
in Jerusalem, in der "Wiener Zeitung" erklärt, dass Österreich "in dieser Sache so gut wie untätig geblieben" sei.
Das sehen freilich weder Herrnhofer noch das Justizministerium
so. "Es
ist unfair, zu sagen, die österreichischen Behörden würden
nichts unternehmen – Kriegsverbrecher werden hierzulande
sehr wohl verfolgt", heißt es aus dem Büro von Justizministerin Claudia Bandion-Ortner.
Der Jerusalemer Nazi-Jäger hatte sich auch darüber beschwert, dass ein Fremdgutachten
zum Geisteszustand von Milivoj Asner ausständig sei. Asner,
der 95-jährig in Klagenfurt lebt, soll als Chef der Ustascha-Polizei
in Pozega (Kroatien) im Zweiten Weltkrieg an Deportationen
beteiligt gewesen sein. Als 2005 Haftbefehl gegen ihn erlassen
wurde, flüchtete er nach Klagenfurt – dort liegt ein Auslieferungsansuchen
der kroatischen Justiz vor. Gutachten zweier österreichischer
Gerichtspsychiater belegen jedoch Asners Verhandlungsunfähigkeit.
Der 95-Jährige soll dem Vernehmen nach an Altersdemenz leiden.
Das will Reinhard Haller, einer der Gutachter, zwar nicht
bestätigen. "Klar ist aber, dass Asner psychisch krank ist", so Haller.
Allerdings: Während der Fußball-Europameisterschaft
2008 wurde Asner in der Klagenfurter Fanzone gesichtet –
er soll luzid und "bei guter Gesundheit" gewesen sein. Helmut Jamnig von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt meint dazu: "Nur, weil jemand in der Lage ist, sich im täglichen Leben verständlich auszudrücken,
heißt das noch nicht, dass er auch verhandlungsfähig ist." Auch Herrnhofer will nichts von einer Vernehmung eines Dementen wissen: "Österreich ist nicht Guantanamo – wir sind nicht bereit, den Rechtsstaat zu biegen."
Zuroff wisse "ganz
genau, dass die zwei renommiertesten Gerichtsgutachter Österreichs
Asner die Verhandlungsunfähigkeit attestiert haben". Dennoch habe er im vergangenen Sommer ein Fremdgutachten eingefordert.
Gebührensätze für Gutachten "lächerlich"
Dass das Gutachten bis heute nicht
zustande gekommen ist, hat eine etwas merkwürdige Ursache:
Das Schweizer Institut, das dieses erbringen sollte, lehnte
ab, weil Österreich zu wenig dafür gezahlt hätte. "Die Gebührensätze für ein Gerichtsgutachten in Österreich sind lächerlich – sie
entsprechen nicht einmal einem Drittel des Einkommens, das
man in der Privatwirtschaft dafür erzielen könnte", so Herrnhofer.
Die Suche nach einem Gutachter, der
die österreichischen Sätze akzeptiert, sei nun Sache der
Staatsanwaltschaft, meint der Richter. Doch dort heißt es,
dass vielmehr das Gericht dafür zuständig sei.
Im Fall des nach Medienberichten bereits
1992 in Kairo verstorbenen Mauthausener SS-Arztes Aribert
Heim, alias "Dr. Tod", hat der Verfassungsschutz unterdessen über Interpol Kontakt mit den ägyptischen
Sicherheitsbehörden aufgenommen. Auch die Staatsanwaltschaft
Linz stellt die Suche nach Heim nicht ein: Der bereits im
März 1950 ausgestellte Haftbefehl wegen mehrfachen Mordes
und Völkermordes bleibe aufrecht, heißt es aus Linz.
wienerzeitung.at
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