07.02.2009 21:53 kleinezeitung.at
Auf Spurensuche nach "Doktor Tod"
ROBERT LENHARD

Der NS-Verbrecher Aribert Heim sorgt derzeit weltweit für Schlagzeilen. In seiner Heimat Bad Radkersburg erinnert nur wenig an den KZ-Arzt.

Sein Name stand auf der Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums ganz oben: Aribert Heim, geboren 1914 in Bad Radkersburg. In seiner Funktion als Lagerarzt, unter anderem im KZ Mauthausen, soll der gebürtige Südsteirer hunderte Häftlinge auf grausamste Weise umgebracht haben. Von Zeitzeugen wurde er deshalb auch "Doktor Tod" genannt.

Internationale Schlagzeilen. Die Nachricht, dass Aribert Heim bereits seit 1992 tot sein soll, brachte unwillkürlich auch seine Heimatstadt Bad Radkersburg in die internationalen Schlagzeilen (wir berichteten). Fast 95 Jahre nach seiner Geburt sind dort aber nur noch wenige Spuren des mutmaßlichen Massenmörders zu finden. "Aktenkundig ist nur seine Geburt. Sonst ist nichts über Aribert Heim dokumentiert", berichtet Marie Theres Zangger vom Museum im Alten Zeughaus (MiAZ). In den letzten Monaten hat die Historikerin sämtliche städtischen Archive nach ihm durchforstet. Da Heim ein Gymnasium in Graz besucht hat, habe wahrscheinlich nie viel Aktenmaterial in Bad Radkersburg über ihn existiert. "In Wahrheit verbinden ihn mit Bad Radkersburg nur seinen ersten Kindheitsjahre", weiß Zangger.

Heimathaus abgerissen. Wo er diese verbracht hat, ist bekannt. Nämlich in einem Haus mit der Adresse Dr. Kamnikerstraße 2. Diese Anschrift existiert bis heute. Jener Gebäudeteil, in dem Heim aufwuchs, musste allerdings dem Bau der Umfahrungsstraße Richtung Slowenien weichen. Was davon übrig blieb, wird heute als Asia-Restaurant genutzt. Ein Detail erscheint im Nachhinein als besonders pikant. "Schräg gegenüber hat die einzige jüdische Familie der Stadt gewohnt", weiß Zangger. Nur wenige Jahre später sollte Heim etliche ihrer Glaubensbrüder grausam ermorden.

Nährboden für die Nazis. Dass ihn Bad Radkersburg zu dem gemacht hat, was er war, ist für MiAZ-Leiterin Beatrix Vreca höchst unwahrscheinlich: "Er hätte überall auf die Welt kommen können. Das war reiner Zufall." Bewiesen ist allerdings, dass Bad Radkersburg für den Nationalsozialismus ein besonders guter Nährboden war. "Das hat viel mit der Grenzlage und der Teilung der Stadt zu tun. Deshalb gab es hier schon vor dem Anschluss viele Nazis", erklärt Vreca, die sich in ihren Nachforschungen intensiv mit diesem Thema beschäftigt hat.

Erinnerungen. Ein paar Schritte vom Museum entfernt steht Bäuerin Anneliese Wolf am Hauptplatz hinter ihrem Verkaufsstand. Sie selbst kennt die Geschichte von Aribert Heim zwar nur aus den Medien. Dennoch hat sie dazu einen besonderen Bezug: "Meine Tante ist schon über 90 Jahre alt. Sie hat mir erzählt, dass sie sich an die Familie erinnern kann." Über Aribert Heim wisse sie aber nichts Genaues. Ein Zustand, der auf eine ganze Stadt zuftrifft.

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