Nach Beschimpfung des Gerichts durch
verurteilten Kriegsverbrechers - Zuroff verweist auf Fall
Asner
München/Jerusalem - Das Simon Wiesenthal Zentrum in Jerusalem
hat vor einer möglichen Flucht des als Kriegsverbrecher verurteilten
Josef Scheungraber gewarnt. Die deutschen Behörden müssten
alle Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass der 90-Jährige
sich absetze, teilte der Direktor des Wiesenthal Zentrums,
Efraim Zuroff, am Donnerstag mit. Auch der mittlerweile 96-jährige
Kroate Milivoj Asner sei der Justiz vor vier Jahren entkommen
und lebe nun unbehelligt in Österreich. Scheungraber war
am Dienstag in München wegen Mordes an zehn italienischen
Zivilisten zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er ist
auf freiem Fuß und lebt vorerst in seinem Heimatort Ottobrunn,
weil das Urteil nicht rechtskräftig ist und die Justizbehörden
keine Fluchtgefahr sehen.
Zuroff verwies auch auf Scheungrabers abfällige Kommentare, der im Bayerischen
Rundfunk nach seiner Verurteilung von "Schwindel" und einem "Saustall" gesprochen hatte. "Angesichts Scheungrabers Beschimpfung des Gerichts und des Urteils kann es nicht
ausgeschlossen werden, dass auch er in ein Land fliehen will,
das nicht so großen Wert auf die Strafverfolgung von NS-Verbrechern
legt. Deswegen fordern wir die deutschen Behörden dazu auf,
alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, damit er seiner gerechten
Strafe nicht entgeht", erklärte Zuroff.
Asner etwa sei im Alter von 92 Jahren
von Kroatien nach Österreich geflohen und genieße seitdem
dort seinen Lebensabend. Der ehemalige Polizeichef in Kroatien
soll aktiv an der Verfolgung und Deportation Hunderter Serben,
Juden sowie Sinti und Roma beteiligt gewesen sein. Er war
laut Wiesenthal-Zentrum 1945 nach Österreich geflohen und
1991 nach Kroatien zurückgekehrt. Als dort 2005 gegen ihn
Anklage erhoben wurde, floh er erneut nach Österreich und
lebt heute in Kärnten, wo ihn ein Reporter der britischen "Sun" während der Fußball-EM 2008 bei einem Gang über die Klagenfurter Fan-Meile aufspürte.
Der Journalist beschrieb ihn als rüstig und geistig klar.
Mehrere Gutachten bescheinigten Asner allerdings Verhandlungsunfähigkeit,
weswegen einem Auslieferungsgesuch Zagrebs nicht stattgegeben
wurde.
Scheungraber war wegen des Massakers
in der Toskana bereits 2006 in Italien von einem Militärgericht
in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. "Wenn ich mir diese Richter da droben anschaue, da war vor 65 Jahren noch keiner
auf der Welt. Die sind ja alle erst 55. Was haben die für
Ahnung von Krieg, von Nationalsozialismus, vom Dritten Reich", kommentierte er seine neuerliche Verurteilung nun gegenüber dem BR. "Da kann ich gar nichts halten davon, das ist ein Schwindel und ein Saustall sondergleichen." Juristische Konsequenten werden die Aussagen voraussichtlich aber nicht haben. "Das kommentiere ich gar nicht", sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl über die Äußerungen Scheungrabers.
(APA/dpa)
derstandard.at
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