Nazi-Terror: Jüngst freigegebene US-Luftbilder
lokalisieren den Tatort eines der größten NS-Verbrechen der
letzten Kriegstage
Ein Massengrab mit vermutlich 70 Opfern, ermordet von der SS im Jahr 1945, wurde
nun mithilfe jüngst freigegebener Luftbilder der US Air Force
in der Belgierkaserne in Graz lokalisiert. Dadurch wird eines
der größten Verbrechen der letzten Kriegstage erhellt. Möglicherweise
können auch noch zwei Täter aufgespürt werden.
Aufarbeitung
Gerüchte über ein Massengrab in Graz gab es schon lange.
Der gelernte Historiker und Verteidigungsminister Norbert
Darabos wollte als Grundeigentümer einen Beitrag zur Aufarbeitung
von NS-Verbrechen leisten, und vergab im Jahr 2008 an Univ.Prof.
Dieter Binder einen Forschungsauftrag. Die Ergebnisse bringen
heute neue Erkenntnisse zum unfassbaren Nazi-Terror der
letzten Kriegstage.
Damals versuchten die lokalen NS-Größen
angesichts der nahenden Roten Armee die Spuren ihrer Taten
zu verwischen. Die Guillotine des Grazer Landesgerichtes
wurde abgebaut und das Messer des Fallbeils vergraben. Nun
sollten auch Zeugen beseitigt werden. Daraus wurde eine Blutorgie.
Im Auftrag von Gestapo und Gauleitung wurden insgesamt 219
politische Gefangene, Kriegsgefangene, KZ-Insassen, und Zwangsarbeiter
in der damaligen SS-Kaserne Wetzelsdorf - die heutige Belgierkaserne
- ermordet. Keiner der Gepeinigten sollte nach Kriegsende
gegen die Folterer aussagen können.
Verscharrt
Die Toten wurden in Bombentrichtern am Kasernenareal verscharrt.
Der Kasernenkommandant befand sich zu diesem Zeitpunkt an
der Front in Rechnitz. Nach seiner Rückkehr ordnete er die
Verlegung der Massengräber auf den nahe gelegenen Schießplatz
an, weil er Angst hatte, wegen der Toten belangt zu werden.
Die Aktion konnte nicht abgeschlossen werden. Zwangsverpflichtete
Arbeiter wurden als mögliche Mitwisser ebenfalls erschossen.
Die Alliierten entdeckten später das
Massengrab auf dem Schießplatz. Die 142 Toten wurden auf
dem Grazer Zentralfriedhof feierlich beigesetzt. Aber für
die grauenhaften Geschehnisse der Apriltage interessierte
sich niemand mehr - bis zum Jahr 2008. Auf Antrag von Professor
Binder gab die US Air Force die hoch aufgelösten Fotos der
US-Bomber frei. Die zeigen am 2. April frisch zugeschüttete
Bombentrichter - eben die Massengräber. Einige Tage später
sieht man geöffnete Trichter. Dort lagen die Toten, sie wurden
umgebettet.
Sogar die Spuren der Lkw sind zu sehen.
Die Bilder zeigen aber auch im Bereich des heutigen Sportplatzes
weiterhin geschlossene Trichter. Massengräber, die bis heute
bestehen. Minister Darabos hat den Sportplatz zum Sperrgebiet
erklärt. Das Innenministerium wird in den kommenden Wochen
die Krater öffnen, und versuchen, die Toten zu identifizieren.
kurier.at
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