BERLIN.
Eine neue Kampagne des Simon-Wiesenthal-Zentrums soll zur
Enttarnung und Verurteilung noch lebender NS-Verbrecher führen.
Das Zentrum will die Belohnung für Informationen aussetzen,
die zur Ergreifung und Verurteilung von Menschen führen,
die in NS-Verbrechen verwickelt waren.
"Die Schuld der Mörder wird nicht geringer, weil Zeit vergeht", sagte der Leiter des israelischen Büros, Efraim Zuroff, bei der Vorstellung
der "Operation Letzte Chance 2". Alter dürfe nicht vor Verfolgung schützen.
Das Gerichtsurteil
gegen John Demjanjuk eröffnet die Chance für eine
neue Reihe von Prozessen. Der frühere KZ-Wachmann
war im Mai in München der Beihilfe zum Mord an 27.900
Juden im Vernichtungslager Sobibor schuldig gesprochen
und zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Der aus
der Ukraine stammende 91-Jährige hatte seine Schuld
bestritten und wartet zur Zeit auf die Berufungsverhandlung.
Der Prozess galt
als historisch, weil mit Demjanjuk erstmals ein
als KZ-Wärter von der SS zwangsverpflichteter Osteuropäer
- einer der sogenannten Trawniki - vor ein deutsches
Gericht gestellt wurde. "Der Angeklagte war Teil der Vernichtungsmaschinerie", hatte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung gesagt. Zuvor war
eine direkte Tatbeteiligung für eine Verurteilung
notwendig gewesen.
Demjanjuk war bereits
in den 1980er Jahren mehrere Jahre in Israel in
der Todeszelle gesessen, da er offenbar irrtümlich
mit dem Gaskammerwärter "Iwan der Schreckliche" aus dem Vernichtungslager Treblinka identifiziert worden war. 1993 hatte der
Oberste Gerichtshof Israels das Urteil aufgehoben.
"Der
Demjanjuk-Fall sollte den Weg für die Verurteilung
von vielen Menschen bereiten, die über einen längeren
Zeitraum täglich in den Massenmord verwickelt waren", sagte Zuroff. Jedes Opfer sei es wert, dass eine Anstrengung unternommen werde,
um seinen Mörder zu finden. Zuroff schätzte die
Zahl potenziell noch lebender Straftäter, die vor
Gericht gestellt werden könnten, auf etwa 40.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum
arbeitet bei der Kampagne mit der amerikanischen
Targum-Shlishi-Stiftung zusammen. Die Kampagne soll
Ermittlungsbehörden dabei unterstützen, Kriegsverbrecher
in Deutschland, Österreich, Polen, Rumänien, Ungarn,
Kroatien und den baltischen Staaten zu finden. nachrichten.at
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