Wiesenthal Center will mit "Operation letzte Chance" noch
lebende NS-Kriegsverbrecher fassen
WIEN (SN, APA).
Ernüchtert zeigt sich der "Nazi-Jäger" und
Leiter des Jerusalemer Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff,
über die ersten Ergebnisse der diese Woche angelaufenen Hotline
für Hinweise zur Ergreifung noch lebender, potenzieller österreichischer
NS-Kriegsverbrecher (Tel.-Nr. 0800/20 40 54; E-Mail: [email protected]).
Zu einem Fall sei etwas Information gekommen - das Gros der
Anrufer habe allerdings entweder gemeint, man solle diese
alten Männer in Ruhe lassen, oder habe Kritik an Israel geübt
oder habe sich grundsätzlich antisemitisch geäu-ßert.
Mit der "Operation
letzte Chance", bei der für entscheidende Hinweise zur Ergreifung eines NS-Täters eine Prämie
von 10.000 Euro angeboten wird, will das Wiesenthal Center
die Suche nach noch nicht gefassten NS-Kriegsverbrechern
verstärken.
Anrufer äußern sich offen antisemitisch
Die erste Anzeige mit einem Aufruf unter dem Motto "Die
Mörder sind unter uns" und der Aufforderung, sich mit nützlicher Information zu melden, wurde vergangenen
Montag in einer Tageszeitung geschaltet. Etwa 60 Personen
hätten sich daraufhin bis zur Wochenmitte gemeldet, sagte
Zuroff.
"
Wenn irgendjemand einen Beweis dafür gebraucht hat, wie dringend
Österreich die Verurteilung eines NS-Kriegsverbrechers braucht
- hier ist er",
kommentierte er den Inhalt der bisherigen Telefonate und
Mails. Und: Wenn irgendjemand daran zweifle, dass es in Österreich
Antisemitismus gebe, untermauerten die bisherigen Erfahrungen
bei der Hotline, dass viele hier lebende Menschen kein Interesse
hätten, durch ein entsprechendes Gerichtsverfahren mit diesem
Teil der Geschichte konfrontiert zu werden. Informationen
sucht das Wiesenthal Center zu 47 konkreten Namen.
Was Zuroff am meisten wundert: Viele der Leute hätten kein
Problem damit, Antisemitisches von sich zu geben und dennoch
ihren Namen zu hinterlassen. Gefragt nach dem Alter der Personen,
die sich gemeldet haben, sagte der Nazi-Jäger, sowohl ältere
Männer als auch junge Menschen hätten Kontakt aufgenommen.
Eines betont Zuroff, der in Sachen Nazi-Jagd in die Fußstapfen
Simon Wiesenthals getreten ist: Man werde den Erfolg der
Aktion nicht nur nach der dadurch erzielten Anzahl von Hinweisen
beurteilen. Vielmehr habe die "Operation
letzte Chance" durchaus auch erzieherischen Charakter.
URL: http://www.salzburg.com/sn/archiv_artikel.php?xm=627595&res=0
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