Zuroff: Regierung soll gerichtliche
Schritte gegen mutmaßlichen Ustascha-Kriegsverbrecher, der
sich in Klagenfurt aufhalten soll, einleiten
Wien - Das Simon Wiesenthal Center drängt Österreich auf die Einleitung gerichtlicher
Schritte gegen den mutmaßlichen Ustascha-Kriegsverbrecher
Milivoj Asner, der sich in Klagenfurt aufhält. Er war im
Juli aus Kroatien geflohen, nachdem die kroatischen Behörden
auf seinen Fall aufmerksam wurden.
In einem Brief an den israelischen Botschafter in Wien betont der Direktor des
Wiesenthal-Centers, Efraim Zuroff, dass die österreichischen
Behörden seit Monaten über den Aufenthalt Asners in Klagenfurt
Bescheid wüssten. Trotzdem seien noch immer keine gerichtlichen
Schritte unternommen worden, obwohl sich die Regierung dazu
verpflichtet habe, gegen die Täter des Holocausts vorzugehen.
Zuroff: "Die Regierung unterlässt es, Maßnahmen gegen den Nazi-Kriegsverbrecher einzuleiten.
Obwohl Untersuchungen in Kroatien über seine Verbrechen laufen,
gibt es keine Garantie, dass er dafür auch angeklagt wird.
Je mehr Zeit vergeht, umso geringer sind die Chancen für
strafrechtliche Verfolgung."
Seit 1945 in Österreich
Berichten kroatischer Medien zufolge lebte Asner seit 1945
in Österreich, ehe er 1991 nach Kroatien zurückging, als
das Land die Unabhängigkeit von Jugoslawien proklamierte.
Er wohnte in seiner Geburtsstadt Daruvar in Zentralkroatien.
Im Jahr 2000 gründete er die "Ursprüngliche
Bauernpartei". In Daruvar war Asner wegen scharfer Reden gegen Kommunisten und Partisanen
im lokalen Radio bekannt.
Das Wiesenthal-Zentrum wirft Asner vor, zwischen 1941 und
1945 im von Nazi-Deutschland unterstützten "Unabhängigen
Staat Kroatien" unter dem faschistischen Ustascha-Regime Kriegsverbrechen gegen Serben und Juden
begangen zu haben.
Der Amateurhistoriker Alen Budaj aus Pozega hat im Rahmen
seiner Forschungen über die Juden in der Stadt ein Dossier
erstellt, das Asner belastet. Laut Medienberichten, hat er
ausreichend Beweise zusammengetragen, um einen Prozess gegen
Asner zu rechtfertigen. Nachdem der Amateurhistoriker seine
Unterlagen dem Wiesenthal-Zentrum übergeben hatte, erstattete
dessen Direktor, Efraim Zuroff, Anfang Juli 2004 Anzeige.
Kroatische Staatsanwaltschaft für Verfahren
Die kroatische Staatsanwaltschaft regte an, ein Verfahren
einzuleiten. "Slobodna
Dalmacija" zufolge sahen es die Staatsanwälte für erwiesen an, dass der Beschuldigte zwischen
Mai 1941 und Februar 1942 Polizeichef in Pozega war. Der
heute 91-Jährige soll am 26. August 1941 einen aus Bosnien-Herzegowina
kommenden Transport mit 600 Serben der Ustascha übergeben
haben. In einem nahe gelegenen Lager der Faschisten waren
zu diesem Zeitpunkt 358 Menschen ermordet worden.
Darüber hinaus soll Asner am 16. Oktober ein Dokument unterzeichnet
haben, auf dessen Grundlage 28 jüdische Familien aus ihren
Wohnungen und Häusern geworfen wurden. Später wurden die
Juden in Konzentrationslager transportiert.
Asner: "Von
Juden und Kommunisten verleumdet"
Im Gespräch mit "profil" Anfang
November wies Asner alle Anschuldigungen von sich. Er werde "von Juden und Kommunisten verleumdet". Er sei sogar von der Ustascha verfolgt und monatelang eingesperrt worden, weil
er als Polizeichef auch gegen plündernde Ustascha-Leute vorgegangen
sei. Die "heutige Wahrheit" sei, dass er wegen seiner Restitutionsforderungen von kroatischen Politikern
unter Finanzierung jüdischer Agenten verleumdet werden solle,
so Asner. "Jetzt, nach 60 Jahren."
Ustascha
Die 1929 gegründete und von Deutschland und Italien unterstützte
faschistische Ustascha-Bewegung kämpfte für einen von Jugoslawien
unabhängigen Staat. Während der Herrschaft der Ustascha auf
dem Balkan wurden hunderttausende Serben, Juden, Roma sowie
Kroaten grausam verfolgt und in Konzentrationslagern umgebracht.
" Letzte
Chance"
"
Die letzte Chance" ist
eine internationale Operation gegen ehemalige NS-Kriegsverbrecher,
der sich Kroatien im Juni anschloss. Während der Operation
wurden in Kroatien Informationen über zehn Verdächtige gesammelt.
(red/APA)
der Standard, June 2, 2005 |