16. Oktober 2005 18:46 derstandard.at
  Naziverbrecher in Spanien aufgespürt

 
 

Die "Operation: Last Chance" des Simon-Wiesenthal-Zentrums steht, so scheint es, kurz vor einem großen Erfolg. Der seit 43 Jahren gesuchte Arzt des Konzentrationslagers Mauthausen, Aribert Heim, könne schon "in den kommenden Tagen" verhaftet werden, erklärte Sprecher Efraim Zuroff, am Wochenende.

Der 91-jährige SS-Arzt halte sich wahrscheinlich in der nordostspanischen Provinz Girona auf. Der Österreicher Heim ist nach dem in Damaskus vermuteten Eichmann-Gehilfen Alois Brunner der meistgesuchte NS-Verbrecher weltweit. Auf Heims Kopf sind von den deutschen Behörden 130.000 Euro Belohnung ausgesetzt. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum bietet weitere 10.000 Euro.

Die Gefangenen im KZ Mauthausen nannten Heim nur "Dr. Tod". In den knapp zwei Monaten (Oktober bis Dezember 1941), in denen Heim im Lager bei Linz eingesetzt war, verschaffte er sich einen Ruf, der dem des Lagerarztes von Auschwitz, Josef Mengele, um nichts nachsteht. "Heim weidete sich in der Todesangst seiner Opfer", so ein Überlebender. Der SS-Arzt operierte ohne Narkose und injizierte jüdischen Lagerinsassen giftige Substanzen direkt ins Herz, um mit der Stoppuhr zu beurteilen, welcher Stoff am schnellsten und am billigsten tötet.

Frauenarztpraxis

Der NS-Verbrecher lebte nach dem Krieg unbehelligt in Süddeutschland. Zuletzt unterhielt er in Baden-Baden eine Frauenarztpraxis. 1962 gelang ihm kurz vor seiner Verhaftung die Flucht. Heim, der bis heute über ein Millionenvermögen bei verschiedenen deutschen Banken verfügt, lebte seither vermutlich in lateinamerikanischen, arabischen und skandinavischen Ländern, bis er sich in Spanien niederließ.

In den letzten fünf Jahren wurden 300.000 Euro von Heims Konten nach Spanien und Dänemark überwiesen. Zu den Empfängern zählt ein italienisches Künstlerpaar an der spanischen Costa Brava . Das Paar hat Kontakt mit einem der Söhne Heims und reist oft nach Dänemark.

Konten auf seinen Namen

Die Zielfahnder des Landeskriminalamtes in Baden-Württemberg sind sicher: Aribert Heim lebt und ist nicht, wie die Familie behauptet, in Südamerika an Krebs verstorben. Denn wäre dem so, hätten die Angehörigen mit einer gültigen Sterbeurkunde die Millionenerbschaft antreten können. Das ist nicht geschehen. Bis heute laufen die Konten auf den Namen Aribert Heim.

Ein weiterer Hinweis stammt von einem israelischen Touristen. Er sei in einem Geschäft auf Ibiza von einem hoch gewachsenen Mann mit einer V-förmigen Narbe beobachtet worden, als er hebräisch sprach, berichtete er. Die Beschreibung passt auf Heim. Der Tourist notierte die Autonummer. Das Auto war als gestohlen gemeldet. (DER STANDARD, Printausgabe 17.10.2005)

derstandard.at, 16.10.2005