08. Februar 2006 21:03

Der Standard
  Wiesenthal Center will Auslieferung mutmaßlicher NS-Verbrecherin

 
 

In Wien lebende Erna Wallisch soll Wächterin im südpolnischen KZ Majdanek gewesen sein

Warschau - Das Simon Wiesenthal Center Jerusalem (SWC) hat das polnische Institut für das nationale Gedächtnis (IPN), das sich mit der Aufarbeitung von Verbrechen aus nationalsozialistischer und kommunistischer Zeit beschäftigt, aufgefordert, die Auslieferung von Erna Wallisch bei Österreich zu betreiben. Nach Angaben des SWC-Nazi-Jägers Efraim Zuroff war die Frau als Wachperson im Konzentrations- und Vernichtungslager im Lubliner Stadtteil Majdanek (Südostpolen) in den Massenmord an Tausenden Menschen involviert.

Wallisch solle in Polen abgeurteilt werden, weil sie ihre Verbrechen auf polnischem Territorium begangen habe und weil die Opfer Polen gewesen seien, zitierte die polnische Nachrichtenagentur PAP Zuroff am Mittwoch. Der Nazi-Jäger fügte demnach hinzu, dass die Verjährungsgesetzgebung es unmöglich mache, sie in Österreich zur Rechenschaft zu ziehen. Demgegenüber sehe das polnische Gesetz keine Verjährung für Kriegsverbrechen vor.

Opfer bewacht

Laut Zuroff lebt Wallisch heute in Wien. Wie Zuroff kürzlich auch bei einem Besuch in Wien erklärte, habe sie die Opfer bewacht, als sie zu den Gaskammern geführt wurden. Von einer Überlebenden sei sie als Sadistin beschrieben worden, die an der Selektion der Opfer teilgenommen habe. "Gemäß dem Gesetz hier (in Österreich; Anm.)" sei ihre Rolle bei den Vergasungen damals als von "nicht entscheidender Bedeutung" eingestuft worden, kritisierte der Nazi-Jäger bei seinem Besuch Anfang des Monats. Wallisch hat die mutmaßlichen Verbrechen ihm zufolge einmal selbst zugegeben.

Das SWC führt seit mehreren Jahren ihre Initiative "Operation Last Chance" durch.

Im Zuge dessen sollen letzte NS-Verbrecher in Mittel- und Osteuropa gefasst werden. (APA/PAP)