5.07.2005

ORF.at
  Scharfe Kritik an Kroatien wegen Ašner

 
 

Der Chef des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, hat scharfte Kritik an Kroatien geübt, weil der 91-jährige Milivoj Ašner wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen noch nicht angeklagt ist.

"Ich bin unzufrieden und verbittert, weil die kroatischen Justizbehörden noch keine Anklage gegen Milivoj Ašner erhoben und von Österreich, wo er sich jetzt aufhält, keine Auslieferung gefordert haben", so Zuroff nach dem Treffen mit dem Bürgermeister der zentralkroatischen Stadt Požega, wie kroatische Zeitungen heute berichteten.

Gespräche in Požega
Zuroff kam nur wegen dem "Fall Ašner" nach Požega. Er traf Branimir Miljević, den Präsidenten des Gespanschaftsgerichts in Požega. Dieses Gericht ermittelte im Mai gegen Ašner und vernahm einige Zeugen. Miljević konnte keine anderen Details nennen.

Der Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums fragte, warum das Verfahren in diesem Fall so lange dauert und was die Ursache dafür ist. Laut der kroatischen Nachrichtagentur HINA meinte Zuroff, dass die "möglichen Ursachen in Zagreb liegen".

Vollständige Dokumentation in Zagreb
Bei einer Pressekonferenz in Požega erinnerte Zuroff, dass die kroatischen Behörden schon seit einem Jahr alle Dokumente über Ašner haben.

"Wir haben noch am 30. Juni vergangenes Jahres die vollständige Dokumentation über Ašner mit den Namen der 16 Zeuge, die ihn belasten, zugestellt", so Zuroff.

Ašner werden Kriegsverbrechen vorgeworfen
Das Wiesenthal-Zentrum wirft Ašner vor, zwischen 1941 und 1945 im von Nazi-Deutschland unterstützten "Unabhängigen Staat Kroatien" unter dem faschistischen Ustascha-Regime Kriegsverbrechen an Serben und Juden begangen zu haben.

Ašner war angeblich Chef der Ustascha-Polizei
Ašner, der jetzt in Klagenfurt wohnt, war während des Zweiten Weltkriegs angeblich Chef der Ustascha-Polizei in der slawonischen Stadt Požega. Er hatte seit 1945 in Österreich gelebt und ging 1991, als Kroatien seine Unabhängigkeit von Jugoslawien proklamierte, zurück in seine Heimat.

Nachdem die Anzeige erfolgt war, floh der mutmaßliche Kriegsverbrecher aus Kroatien wieder nach Österreich. Sollte es zu einem Verfahren kommen, dürfte Kroatien die Auslieferung Ašners von Österreich beantragen.

Sanader: Werden Ašner festnehmen
Der kroatische Ministerpräsident Ivo Sanader sagte während seines Besuch in Israel gegenüber der israelischen Tageszeitung "Jerusalem Post", dass die kroatischen Behörden Ašner festnehmen werden, wenn sie wissen, wo der angebliche Kriegsverbrecher ist.

"Es ist nicht bekannt, wo Ašner ist. Wir müssen herausfinden, wo er sich befindet", so Sanader.

ORF.at, 5.07.05