31.01.2006

ORF.at
  Offizielle Beschwerde wegen Ašner

 
 

Das Simon Wiesenthal-Zentrum Jerusalem (SWC) hat sich heute nach eigenen Angaben offiziell bei den österreichischen Behörden im Fall des mutmaßlichen Kriegsverbrechers Milivoj Ašner beschwert.

Briefe an Ministerinnen Gastinger und Prokop
SWC-Direktor Efraim Zuroff beklagt in Briefen an Justizministerin Karin Gastinger (BZÖ) und an Innenministerin Liese Prokop (ÖVP), dass in den vergangen zwei Monaten nichts unternommen wurde.

Es wurde "keine praktische Aktion" gesetzt, um den 92-Jährigen nach Kroatien auszuliefern, obwohl klar sei, dass Ašner die österreichische Staatsbürgerschaft verloren habe, so Zuroff.

Ašner soll in Kroatien vor Gericht
Das Wiesenthal Zentrum verlangt, dass Ašner im Rahmen der Initiative "Operation Last Chance" in Kroatien vor Gericht gestellt wird.

Mit Blick auf das hohe Alter des Verdächtigen appellierte Nazi-Jäger Zuroff an die beiden Ministerinnen, alle erdenklichen Schritte zu setzen, um die Auslieferung Ašners zu beschleunigen.

Verständnis für Forderungen
Christoph Pöchinger, Sprecher von Ministerin Gastinger, zeigte gegenüber der APA auf Anfrage Verständnis für die Forderung. Die Justiz arbeite in dem Fall "mit besonderem Augenmerk" und versuche "natürlich die Sache so schnell wie möglich zu erledigen".

Die Behörden befänden sich in dem Fall in einer "Spannung zwischen moralischem Anspruch und den Möglichkeiten".

Verbrechen an Juden und Serben
Ašner soll als Polizist des faschistischen Ustaša-Regimes für Verbrechen an der Zivilbevölkerung, Deportationen in Konzentrationslager sowie Raub und Vertreibung in Kroatien während des Zweiten Weltkriegs verantwortlich sein. Opfer damals waren vor allem Juden und Serben.

In Österreich 1946 eingebürgert
Nach der kommunistischen Machtübernahme in Jugoslawien hatte Ašner Kroatien verlassen und ging nach Österreich, wo er im Jahr 1946 eingebürgert wurde. 1991 kehrte er wieder nach Kroatien zurück, nachdem das Land die Unabhängigkeit von Jugoslawien erlangt hatte.

Nachdem die Staatsanwaltschaft in Požega, wo es zu Deportationen kam, Ermittlungen aufgenommen hatte, floh der mutmaßliche Kriegsverbrecher erneut aus Kroatien und lebte seither in Klagenfurt.

Beim dortigen Landesgericht war ein Verfahren gegen ihn aufgenommen worden. Da es aber Unklarheit über die Staatsbürgerschaft Ašner gab, wurde diese Frage geprüft.

Österreichische Staatsbürgerschaft verloren
Kroatien hatte einen Auslieferungsantrag an Österreich gestellt. Diesem wurde bisher aber nicht nachgekommen, mit Verweis auf die österreichische Staatsbürgerschaft Ašners.

Wie im Februar durch die Abteilung Staatsbürgerschaftswesen in der Kärntner Landesregierung bekannt wurde, hat der mutmaßliche Kriegsverbrecher allerdings die österreichische Staatsbürgerschaft verloren.

Seit 1990er Jahren wieder Kroate
Ašner habe sich Anfang der 1990er Jahre aktiv um die kroatische Staatsbürgerschaft bemüht und verabsäumt, die Beibehaltung der österreichischen zu beantragen, hieß es.

Er habe dies zwar später nachgeholt, aber den Behörden in Österreich verschwiegen, dass er bereits Kroate geworden sei. Damit sei "die Beibehaltung nicht zuerkannt worden".

ORF.at, 31.01.06