Belgrad/Zagreb - Der Direktor des
Jerusalemer Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, hat
neuerlich heftige Kritik am Umgang Österreichs mit mutmaßlichen
Kriegsverbrechern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs geübt. "Österreich ist ein Paradies für Nazis", sagte Zuroff in der nordserbischen Stadt Novi Sad, wie die kroatische Nachrichtenagentur
Hina am Donnerstag berichtete. Zuroff nahm an einer Gedenkveranstaltung
für die Opfer der nationalsozialistischen Besetzung in der
nordserbischen Provinz Vojvodina teil.
Konkret kritisierte Zuroff den Umstand, dass Österreich bisher den in Kärnten
lebenden mutmaßlichen Kriegsverbrechers Milivoj Asner trotz
eines entsprechenden Antrags aus Kroatien nicht ausgeliefert
habe. Der heute 92-jährige Asner soll als Polizist des faschistischen
Ustascha-Regimes in Kroatien für Verbrechen an der Zivilbevölkerung,
Deportationen in Konzentrationslager sowie Raub und Vertreibung
während des Zweiten Weltkriegs verantwortlich sein. Opfer waren
vor allem Juden und Serben. Asner war damals Polizeichef der
kroatischen Stadt Slavonska Pozega.
Lebt seither in Klagenfurt
Nach der kommunistischen Machtübernahme
in Jugoslawien verlies Asner Kroatien und ging nach Österreich,
wo er im Jahr 1946 eingebürgert wurde. 1991 kehrte er wieder
nach Kroatien zurück, nachdem das Land die Unabhängigkeit
von Jugoslawien erlangt hatte. Als die Staatsanwaltschaft
in Pozega aber Ermittlungen wegen Asners Kriegsvergangenheit
aufnahm, floh der mutmaßliche Kriegsverbrecher erneut aus
Kroatien und lebt seither in Klagenfurt. Asner hat die Vorwürfe
gegen ihn stets bestritten.
Asner beantragte und bekam Anfang
der neunziger Jahre die kroatische Staatsbürgerschaft. Mit
seinen aktiven Bemühungen in diese Richtung verlor er aber
laut der zuständigen Stelle in der Kärntner Landesregierung "ex lege" die österreichische Staatsbürgerschaft. Asner hatte verabsäumt, einen Antrag
auf deren Beibehaltung zu stellen. Dies holte er zwar später
erfolgreich nach, verschwieg den Behörden aber, dass er bereits
wieder Kroate geworden war. Später wurde festgestellt, dass
die Beibehaltung damit nicht rechtens und Asner nicht mehr
Österreicher sei.
Flucht nach Argentinien
Zuroff hatte sich in diesem Zusammenhang
bereits im März bei den österreichischen Behörden beklagt, "keine praktische Aktion" gesetzt zu haben, um den 92-Jährigen - wie von Zagreb beantragt - an Kroatien
auszuliefern, nachdem klar geworden sei, dass Asner die österreichische
Staatsbürgerschaft verloren habe.
Zuroff zeigte sich aber auch mit den
serbischen Behörden unzufrieden. Auch diese hätten die Auslieferung
Asners fordern sollen. Ebenso passiv seien sie im Fall von
Sandor Kepir und Ivo Rojnica geblieben. Kepir, ein ungarischer
Polizist, sei 1942 dabei gewesen, als 1.400 Serben, Juden
und Roma bei Novi Sad in die eiskalte Donau getrieben wurden.
Auch an der Deportation von serbischen Juden nach Auschwitz
sei Kepir beteiligt gewesen. Nach dem Krieg floh er laut
Zuroff erst nach Österreich und dann nach Argentinien. Von
dort kehrte er nach Ungarn zurück, wo er heute noch lebe.
Rojnica - auch schon über neunzig
Jahre alt - lebt heute noch in Argentinien. Als Bürgermeister
von Dubrovnik während des Weltkrieges habe er die Deportation
mehrerer hundert Serben, Juden und Roma in Lager angeordnet,
wo die Opfer dann ermordet worden seien. Nach der Unabhängigwerdung
Kroatiens wollte ihn der damalige Staatschef Franjo Tudjman
sogar zum Botschafter Zagrebs in Buenos Aires bestellen.
Heftige Proteste der jüdischen Gemeinschaft in Argentinien
verhinderten dies. Serbien habe bisher keine Auslieferung
Rojnicas angestrebt, beklagte Zuroff.
"Paradies für NS-Verbrecher"
Der Direktor des Simon Wiesenthal
Centers (SWC) Jerusalem hatte bereits vor einem Jahr in Wien
erklärt, dass Österreich "ein Paradies für NS-Verbrecher" sei. Am 1. Februar 2006 war er mit der damaligen Justizministerin Gastinger
und Innenministerin Prokop zusammengetroffen. Die Ermittlungen
gegen mutmaßliche Täter seien "unzureichend", klagte er damals nach den Gesprächen auf einer Pressekonferenz, Täter könnten
in Österreich ungehindert über ihre Verbrechen sprechen.
Die Rechtslage nannte er "empörend". (APA)
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