12.02.2008

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  Zeugin belastet Nazi-Schergin Wallisch:
" Im KZ nannten wir sie nur 'Die Bestie'"
 
 

Aus den Lautsprechern des ostpolnischen Konzentrationslagers Majdanek dröhnte am 3. November 1943 klassische Musik. "Erntefest" nannten die Nationalsozialisten in ihren Akten das grausame Massaker, das an diesem Tag stattfand. 18.000 Juden wurden damals erschossen, 8.000 davon waren Häftlinge des Vernichtungslagers. Die Wagner-Chöre sollten die Schreie der Sterbenden und die Schüsse ihrer Mörder übertönen. Erna Wallisch arbeitete als Aufseherin an diesem 3. November 1943 in Majdanek.

64 Jahre später, im Oktober vergangenen Jahres, stöberte der britische Aufdeckungsjournalist Guy Walters sie in ihrer Wohnung in Wien-Donaustadt auf und löste damit eine Welle der Berichterstattung aus. Dazu kamen neue Zeugenaussagen von Überlebenden aus dem KZ, die Wallisch belasten - die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt zurzeit in dieser Causa. Eineinhalb Jahre lang hatte die heute 85-Jährige als Wärterin in dem polnischen Vernichtungslager Dienst versehen.

"Wir haben sie alle nur, Die Bestie' genannt", erinnert sich Jadwiga Landowska n ihre frühere Peinigerin. Die Aussagen der Polin über Erna Wallisch trugen maßgeblich dazu bei, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die alte Frau aufgenommen hat.

"Nur noch eine Fratze"
Ihre Furcht vor der um einen halben Kopf größeren Frau beruht auf einem Erlebnis, das sie als das schlimmste während ihrer Gefangenschaft bezeichnet: "Ich weiß nicht, warum, aber sie hat auf einen Jungen eingeschlagen, mit einem Holzscheit, immer und immer wieder." Der Junge blieb schließlich leblos am Boden liegen. Er atmete nicht mehr, das Gesicht blutüberströmt. "Und Wallischs Antlitz war nur noch eine Fratze", berichtet Jadwiga Landowska über das Erlebte.

Winfried Garscha, Historiker beim Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, hofft auf eine Anklageerhebung: "Es würde mich zwar wundern, wenn sie als verhandlungsfähig erachtet wird, aber ich halte eine Anklageerhebung, quasi als Zeichen, für wichtiger als das Gerichtsverfahren selbst."

"Wie eine harmlose Großmutter"
Guy Walters über den Moment, als Erna Wallisch ihm im Oktober 2007 die Tür öffnete: "Sie sieht aus wie eine harmlose Großmutter - tatsächlich wird sie des Mordes beschuldigt. Und sie soll ihr Verfahren bekommen."

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