Wien (APA/red.) Erna Wallisch, ehemalige KZ-Aufseherin, hat
bis zuletzt die internationalen Behörden und Medien beschäftigt.
Nun wurde das Mordverfahren gegen die Frau von der Staatsanwaltschaft
Wien „von Todes wegen beendet“. Sie ist, wie erst gestern
bekannt wurde, am 16. Februar bei einem Krankenhausaufenthalt
gestorben.
Wallisch hat Österreich international den Ruf als „Paradies für NS-Verbrecher“
eingebracht. Der Ausspruch stammt von Efraim Zuroff, dem
Direktor des Simon Wiesenthal Centers Jerusalem, der wiederholt
an die heimische Politik appelliert hatte, Wallisch den Prozess
zu machen.
Die Chancen dafür standen zuletzt nicht schlecht. In den vergangenen Monaten
waren nämlich neue Beweise aufgetaucht, dass die seit Ende
des Zweiten Weltkrieges in Wien lebende 86-Jährige an Morden
im Konzentrations- und Vernichtungslager im Lubliner Stadtteil
Majdanek (Südostpolen) beteiligt war.
Zuroff sah die jüngst entdeckten Dokumente
aus polnischen Archiven als Beweis, dass Wallisch von den
Gaskammern wusste und auch selbst Menschen umgebracht hat.
Die Dokumente wurden bis zuletzt von der Staatsanwaltschaft
Wien geprüft.
Erster Prozess in den 1970ern
Die österreichische Justiz hat bereits in den 1970ern wegen
Mordes gegen Wallisch ermittelt, das Verfahren wurde aber
aus Mangel an Beweisen niedergeschlagen. Sie gab damals
zwar zu, vor den Gaskammern „für Ordnung gesorgt“ zu haben.
Die Staatsanwaltschaft entschied jedoch nur auf „minderschweren
Mord“ – ein Delikt, das damals schon verjährt war. Zuroff
hoffte daher auf die Auslieferung an Polen. Dort gibt es
bei Kriegsverbrechen keine Verjährung.
Wallisch hatte zuletzt behauptet,
zwischen 1942 und 1944 KZ-Gefangene beaufsichtigt zu haben,
vom Massenmord in Gaskammern will sie nichts mitbekommen
haben.
In Majdanek wurde 1942 eine Vergasungsanlage
eingerichtet. 1943 erschossen die Nazis bei der so genannten
„Operation Erntefest“ an einem einzigen Tag sämtliche 17.000
Insassen. Wallisch: „Ich war an Gewalttätigkeiten nicht beteiligt
und habe so etwas auch nicht gesehen.“
In den neu aufgetauchten Protokollen
schildert allerdings eine Zeugin laut der Stadtzeitung „Falter“,
wie die damals schwangere Wallisch einen Mann mit einem Brett
erschlagen und einen Säugling „wie ein Holzstück“ zu Boden
geschleudert habe. Nun werde Wallisch „letztlich niemals
für ihre Rolle im Todeslager Majdanek und im Konzentrationslager
Ravensbrück bestraft“, kritisierte Zuroff am Donnerstag.
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