22.02.2008 | 18:26

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  KZ-Aufseherin Wallisch tot: Justiz muss Akten schließen  
 

Wien (APA/red.) Erna Wallisch, ehemalige KZ-Aufseherin, hat bis zuletzt die internationalen Behörden und Medien beschäftigt. Nun wurde das Mordverfahren gegen die Frau von der Staatsanwaltschaft Wien „von Todes wegen beendet“. Sie ist, wie erst gestern bekannt wurde, am 16. Februar bei einem Krankenhausaufenthalt gestorben.

Wallisch hat Österreich international den Ruf als „Paradies für NS-Verbrecher“ eingebracht. Der Ausspruch stammt von Efraim Zuroff, dem Direktor des Simon Wiesenthal Centers Jerusalem, der wiederholt an die heimische Politik appelliert hatte, Wallisch den Prozess zu machen.

Die Chancen dafür standen zuletzt nicht schlecht. In den vergangenen Monaten waren nämlich neue Beweise aufgetaucht, dass die seit Ende des Zweiten Weltkrieges in Wien lebende 86-Jährige an Morden im Konzentrations- und Vernichtungslager im Lubliner Stadtteil Majdanek (Südostpolen) beteiligt war.

Zuroff sah die jüngst entdeckten Dokumente aus polnischen Archiven als Beweis, dass Wallisch von den Gaskammern wusste und auch selbst Menschen umgebracht hat. Die Dokumente wurden bis zuletzt von der Staatsanwaltschaft Wien geprüft.

Erster Prozess in den 1970ern
Die österreichische Justiz hat bereits in den 1970ern wegen Mordes gegen Wallisch ermittelt, das Verfahren wurde aber aus Mangel an Beweisen niedergeschlagen. Sie gab damals zwar zu, vor den Gaskammern „für Ordnung gesorgt“ zu haben. Die Staatsanwaltschaft entschied jedoch nur auf „minderschweren Mord“ – ein Delikt, das damals schon verjährt war. Zuroff hoffte daher auf die Auslieferung an Polen. Dort gibt es bei Kriegsverbrechen keine Verjährung.

Wallisch hatte zuletzt behauptet, zwischen 1942 und 1944 KZ-Gefangene beaufsichtigt zu haben, vom Massenmord in Gaskammern will sie nichts mitbekommen haben.

In Majdanek wurde 1942 eine Vergasungsanlage eingerichtet. 1943 erschossen die Nazis bei der so genannten „Operation Erntefest“ an einem einzigen Tag sämtliche 17.000 Insassen. Wallisch: „Ich war an Gewalttätigkeiten nicht beteiligt und habe so etwas auch nicht gesehen.“

In den neu aufgetauchten Protokollen schildert allerdings eine Zeugin laut der Stadtzeitung „Falter“, wie die damals schwangere Wallisch einen Mann mit einem Brett erschlagen und einen Säugling „wie ein Holzstück“ zu Boden geschleudert habe. Nun werde Wallisch „letztlich niemals für ihre Rolle im Todeslager Majdanek und im Konzentrationslager Ravensbrück bestraft“, kritisierte Zuroff am Donnerstag.

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