23. Februar 2008, 04:00 Uhr

welt.de
  Angeklagte KZ-Aufseherin stirbt in Wien  
 

Wien - Knapp einen Monat nach der Wiederaufnahme neuer Ermittlungen wegen mutmaßlicher Gräueltaten ist die ehemalige KZ-Aufseherin Erna Wallisch in Wien gestorben. Nach Angaben der Nachrichtenagentur APA starb die 86-jährige Österreicherin bereits am vergangenen Samstag in einem Krankenhaus. Die Wiener Staatsanwaltschaft hatte im Januar Ermittlungen gegen Wallisch eingeleitet, nachdem polnische Behörden neues Belastungsmaterial gegen die ehemalige Aufseherin im Vernichtungslager Majdanek und im KZ Ravensbrück entdeckt hatten. Das Wiesenthal-Center in Jerusalem warf inzwischen den österreichischen Behörden vor, einen Prozess gegen Wallisch durch jahrelange Untätigkeit verhindert zu haben.Wallisch, Tochter eines Postbeamten aus Thüringen, hielt sich zwischen Oktober 1942 und Januar 1944 in Majdanek auf. Dort galt sie nach Informationen des Wiesenthal-Zentrums unter den KZ-Häftlingen als besonders grausam. Auf einer Liste des Dokumentationszentrums wird sie als NS-Verbrecherin geführt. Überlebende aus Majdanek und Ravensbrück beschrieben sie als Sadistin, die Opfer selektierte und in den Tod führte.Im Februar 2006 hatte der israelische Nazi-Jäger Efraim Zuroff an die polnische Regierung appelliert, sich um die Auslieferung von Wallisch zu bemühen, weil das polnische Gesetz keine Verjährung für Kriegsverbrechen vorsieht. Bereits in den 70er-Jahren war in Wien ein Verfahren gegen Wallisch eingeleitet worden. Zur Anklage kam es aber nicht, weil keine ausreichenden Beweise für eine direkte Beteiligung an einer Tötungshandlung vorlagen. Alle anderen Delikte waren nach österreichischem Recht zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt.Diese Begründung wollte das Wiesenthal-Center jedoch nicht gelten lassen. In einer Stellungnahme hieß es: Dass Wallisch nie für ihre grausamen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden sei, "ist ein Schandmal für Österreich".

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