16. Juni 2008 | 18:25 Uhr bild.de
  Gesuchter NS-Verbrecher genießt EM in Klagenfurt  
 

Ein alter Mann sitzt zwischen Fußball-Fans in einem Klagenfurter Café. Er genießt die heitere Atmosphäre in der österreichischen EM-Stadt sichtlich. Doch eigentlich hat er kein Recht dazu.

Der Mann mit den weißen Haaren und den Altersflecken im Gesicht ist Milivoj Ašner, war als Chef der Ustascha-Polizei in Požega (Kroatien) verantwortlich für die Deportation Tausender Juden, Roma und Serben in die Konzentrationslager des Dritten Reiches!

Ašner steht auf der Liste der meistgesuchten NS-Verbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums an vierter Stelle. Auch Interpol fandet nach ihm. Das berichtet die britische Tageszeitung „The Sun“.

Der Vorwurf: Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dass er dennoch ein Leben in Freiheit genießt, verdankt er den österreichischen Behörden: Sein Gesundheitszustand sei zu schlecht für einen Prozess in seinem Heimatland Kroatien.

Von Gebrechen bei dem 95-Jährigen in Klagenfurt allerdings keine Spur. Ein Reporter-Team der Zeitung beobachtete Ašner, wie er zusammen mit seiner zweiten Frau Edeltraut gut gelaunt durch die Innenstadt spazierte – ohne Gehilfe, nahezu unbeschwert. Hin und wieder ein Plausch mit Fußball-Fans, eine Erfrischung zwischendurch und Small-Talk mit den Kellnern.

Der Chef des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrums, Dr. Efraim Zuroff, sagte gegenüber „The Sun“: „Er genießt ein Leben, das Tausenden Opfern der Nazi-Zeit verwehrt geblieben ist.“

Zuroff fordert nun die sofortige Auslieferung Ašners. „Die kroatischen Behörden sind bereit, ihm sofort den Prozess zu machen.“

Doch Österreich schützt ihn. In Kroatien geboren, flüchtete Ašner 1945 nach Österreich. Nach der Unabhängigkeit Kroatiens kehrte er in seine Heimatstadt Daruvar zurück, bis ihm die kroatischen Behörden wegen Kriegsverbrechen den Prozess machen wollten. Er floh zurück nach Klagenfurt. Seine österreichische Staatsangehörigkeit hat ihn bislang vor einer Auslieferung bewahrt.

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