Laut Gutachten ist Milivoj Asner zu krank für eine Auslieferung.
„Sun“ will das anders beobachtet haben.
London/Wien. Das hat wohl nicht ausbleiben können: In die Vorfreude auf das Spiel
Österreich-Deutschland platzte am Montag die britische Boulevardzeitung
„Sun“ mit der Riesen-Schlagzeile: „Wir haben einen Nazi bei
der Euro 2008 gefunden“.
Es handelt sich um den 95-jährigen
Milivoj Asner, einen gebürtigen Kroaten, der 1942/43 unter
dem faschistischen Ustasa-Regime als Polizeichef in Ostkroatien
und Gestapo-Agent maßgeblich an der Verfolgung von Serben,
Juden und Roma beteiligt gewesen sein soll – und der seit
einiger Zeit in Klagenfurt lebt.
Asner steht auf einer „Top 10“-Liste
der meistgesuchten Nazi-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Centers
an vierter Stelle. Der Direktor des Zentrums, Efraim Zuroff,
warf Österreich 2007 vor, Asners Auslieferung an Kroatien
zu verhindern, wo ihm ein Prozess droht. Ein Sprecher des
Justizministeriums wies dies zurück: Asner sei staatenlos
und für einen Prozess laut zwei Gutachten zu krank.
Auch weiter keine Auslieferung
Diese Beurteilung zieht die „Sun“ nun mächtig in Zweifel.
Der Bericht über Asner – angeblich nennt er sich kaum verklausuliert
Georg Aschner – ist mit zwei großen Farbfotos illustriert,
auf denen er keineswegs krank aussieht. Zusammen mit seiner
Frau schaut er in einem Kaffeehaus Fußball, danach „schlendert
er mit ihr ohne Gehstock problemlos mehr als eine Meile“,
weiß der „Sun“-Reporter zu berichten.
Zuroff verlangte in einem Brief an
Justizministerin Maria Berger Asners rasche Auslieferung:
Die Fotos und Videos zeigten, dass der Gesuchte „in guter
gesundheitlicher Verfassung“ sei.
Doch die Enthüllungen des britischen
Boulevardblattes dürften nicht viel ändern: „Die geltende
Rechtslage ist nach wie vor, dass wir ihn nicht ausliefern
können“, sagte Justizministeriums-Sprecher Thomas Geiblinger
auf Anfrage der „Presse“. Man habe 2007 extra ein zweites
Gutachten in Auftrag gegeben, um zu zeigen, dass man die
Sache nicht auf die leichte Schulter nehme: „Und die Gutachten
sind eindeutig.“
Asner, Kampusch und Fritzl
In einem Leitartikel fordert auch die „Sun“ die Auslieferung
Asners und schreibt: „Österreich reißt sich ein Bein dafür
aus, diesen Mann zu schützen. Dieser Skandal wirft ein
schlechtes Licht auf ein Land, das berüchtigt dafür ist,
ein Zufluchtsort für alte Kriegsverbrecher zu sein, und
wo die Besessenheit der Bürger mit ihrer Privatsphäre Schuld
an den schrecklichen Entführungsfällen Josef F. und Natascha
Kampusch trägt.“
Kein Thema lieben die „Sun“ – mit
einer verkauften Auflage von mehr als drei Millionen Exemplaren
die mit Abstand größte britische Tageszeitung – und ihre
Leser mehr als die Nazi-Zeit. Vor Fußballspielen gegen England
werden deutsche Spieler gerne im Stahlhelm abgebildet („Let's
Blitz Fritz“). Österreich ging da lange unbemerkt durch –
mit den Fällen Kampusch und Fritzl hat sich das Land zuletzt
aber einen traurigen Fixplatz „erobert“.
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