Mittwoch, 18. Juni 2008 - 14:38 nachrichten.at
  NS-Verbrecher in Fanzone fotografiert  
 

WIEN/JERUSALEM. Nach der Veröffentlichung von Fotos des mutmaßlichen NS-Verbrechers Milivoj Asner hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem von Österreich neuerlich „die sofortige Auslieferung“ des 95-Jährigen gefordert. Asner wurde von einem Reporter der britischen "Sun" in der Klagenfurter EM-Fanzone abgelichtet.

Die kroatische Justiz wirft Asner vor, während des Zweiten Weltkriegs die Deportation von Juden, Sinti und Roma und Serben in Konzentrationslager organisiert zu haben. Asner lebt seit 2006 unter dem Namen Georg Aschner in Klagenfurt.

Asner angeblich zu Aussage vor Gericht bereit

Der in Österreich lebende, mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher Milivoj Asner ist angeblich bereit, vor einem kroatischen Gericht auszusagen. Im Folgeartikel zu einem früheren Bericht zitierte die britische Boulevardzeitung „The Sun“ am Dienstag den 95-jährigen Kroaten mit den Worten, er habe ein reines Gewissen und könne vor jedem Gericht erscheinen. „Ich würde die Gelegenheit begrüßen, diese Anschuldigungen (Anordnung von Deportation von Juden, Sinti und Roma und Serben in Konzentrationslager, Anm.) vor einem kroatischen Gericht zu beantworten.“

„Es gibt absolut keine Rechtfertigung für die kontinuierliche Weigerung, diesen gesuchten Nazi-Verbrecher an das Land auszuliefern, in dem er seine schändlichen Verbrechen beging“, schrieb der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, in einem am Montag veröffentlichten offenen Brief an Justizministerin Maria Berger (S).

Österreich verweigerte bisher Auslieferung

Österreich hat die Auslieferung an Kroatien bisher aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt. Die Entscheidung fußt auf mehreren psychiatrischen Gutachten. Einer der Verfasser dieser Gutachten, Primarius Reinhard Haller, sagte am Dienstag auf Anfrage gegenüber der APA, er sei jederzeit bereit, ein neues Gutachten zu erstellen, falls er darum ersucht werde und Anlass zur Annahme bestehe, dass sich am Zustand Asners etwas geändert hat. Bisher sei er aber weder vom Justizministerium „noch von sonst wem“ dahingehend kontaktiert worden.

Haller mahnte hinsichtlich der aus den Medien stammenden Angaben über Asners Vernehmungsfähigkeit zur Vorsicht: „Wenn ein Sun-Reporter schreibt, dass (Asner) bei klarem Verstand erscheint, dann ist das noch kein Sachverständigen-Gutachten“, so Haller, der im übrigen keine Detailangaben zu seinen früheren Gutachten machen wollte. Haller betonte aber, dass die Beurteilung der fehlenden Prozessfähigkeit Asners „unter einer Reihe von Psychiatern“ einhellig gewesen sei: „Es gab keinen Gutachterstreit“.

Ein Reporter der „Sun“, Brian Flynn, gab an, Asner in seiner Wohnung in Klagenfurt besucht und interviewt zu haben. Flynn beschreibt den 95-Jährigen als hohlwangig, aber mit festem Blick, festem Händedruck und in seiner Ausdrucksweise gewählt und höflich.

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