26. Juli 2016, 19:45 derstandard.at
Empörung über Aufhebung des Urteils gegen Kardinal Stepinac

Der Kardinal wurde 1946 als Nazi-Kollaborateur verurteilt und 1998 seliggesprochen .

Zagreb/Jerusalem – Das Wiesenthal-Zentrum in Israel hat empört auf die Aufhebung des historischen Stepinac-Urteils durch ein kroatisches Gericht reagiert. 70 Jahre nach dem Schuldspruch durch ein kommunistisches jugoslawisches Gericht gegen den Kardinal Alojzije Stepinac (1898–1960) war das Urteil am Freitag aufgehoben worden.

Der Kardinal sei "ein eifriger Unterstützer des genozidalen Regimes des Unabhängigen Staates Kroatien gewesen", sagte der Leiter des Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff, am Sonntag. "Gegen keinen Menschen, der dieses Regime unterstützt hat, sollte eine Verurteilung aufgehoben werden."

Die serbische Regierung richtete hat am Dienstag eine Protestnote an Kroatien: Es würde sich um eine "Rehabilitierung des Faschismus" und des "Ustascha-Staates NDH" handeln, hieß es laut Medienberichten in der Note.

Kollaborateur seliggesprochen

Der Richter in Zagreb hatte die Annullierung damit begründet, dass der Schauprozess im Jahr 1946 allen damaligen und heutigen Rechtsgrundsätzen widersprochen habe. Der Kardinal war nach der kommunistischen Machtübernahme zu 16 Jahren Haft verurteilt worden, weil er während des Zweiten Weltkriegs mit den Faschisten kollaboriert haben soll. Papst Johannes Paul II. hatte Stepinac 1998 seliggesprochen.

Der faschistische kroatische Ustascha-Staat von Hitlers Gnaden hatte im Zweiten Weltkrieg nach Schätzungen von Historikern mehr als 300.000 Serben ermordet. Geistliche der katholischen Kirche waren darin verwickelt. Unklar blieb bis heute, ob sich Stepinac diesem Verbrechen klar widersetzt oder es durch Schweigen ermöglicht hatte.

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