15.07.2005 16:03 Kleine Zeitung Online
  Kärnten: Justiz ermittelt wegen Kriegsverbrechen  
 

Verbrechen an Juden und Serben im Zweiten Weltkrieg. 91-Jähriger lebt in Klagenfurt . Anklage noch heuer möglich.

Die Staatsanwaltschaft in Klagenfurt ermittelt wegen Kriegsverbrechen an Serben und Juden während des Zweiten Weltkriegs gegen einen früheren Polizisten im faschistischen kroatischen Ustascha-Regime (1941-45). Dies teilte der Sprecher des Justizministeriums, Christoph Pöchinger, am Freitag der APA mit. Die Anklage gegen den 91-jährigen Milivoj Asner könnte noch heuer erfolgen. Zunächst würde es aber noch einige Wochen dauern, bis das von den kroatischen Justizbehörden überstellte Material übersetzt sei.

Anzeige. Die Anzeige gegen den in Klagenfurt lebenden gebürtigen Kroaten, der auch die österreichische Staatsbürgerschaft hat, war vom Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem, Efraim Zuroff, erstattet worden, sagte der Ministeriumssprecher. Zuroff habe Asner gegenüber dem Völkerrechtsbüro im Außenministerium "als Kriegsverbrecher namhaft gemacht".

Anklage unklar. Ob es tatsächlich zu einer Anklage und Verurteilung Asners kommen wird, sei unklar. Dies hänge nämlich nicht nur von den Beweisen, sondern auch von der Verjährungsfrist ab, erläuterte Pöchinger. Die angeblich von Asner in den Jahren 1941 und 1942 in der zentralkroatischen Stadt Pozega begangenen Taten seien nur dann nicht verjährt, wenn er selbst der Täter war oder einen direkten Tötungsbefehl gegeben habe. In diesen Fällen könnte ihm auch lebenslängliche Haft drohen. Da Asner österreichischer Staatsbürger sei, werde er nicht an Kroatien ausgeliefert.

Zweiter Weltkrieg. Asner soll im Zweiten Weltkrieg der Chef der Ustascha-Polizei in Pozega gewesen sein. Nach der kommunistischen Machtübernahme in Jugoslawien verließ er das Land und ging nach Österreich, wo er laut Pöchinger im Jahr 1946 die Staatsbürgerschaft erhielt. 1991 kehrte er wieder nach Kroatien zurück, nachdem das Land die Unabhängigkeit von Jugoslawien erlangt hatte.

Aufenthalt. Das Wiesenthal-Zentrum erstattete im vergangenen Juli Anzeige gegen Asner bei den kroatischen Justizbehörden, woraufhin der 91-Jährige wieder zurück nach Österreich ging. Seitdem lebt er kroatischen Medienberichten zufolge in der Klagenfurter Wohnung seines Sohnes. Sein Aufenthaltsort ist laut Pöchinger der österreichischen Justiz bekannt.

Recherche. Zuroff zeigte sich Anfang Juli verbittert über die Untätigkeit der kroatischen Behörden, die ein Jahr nach Einlangen der Anzeige keine Anklage gegen Asner erhoben und auch nicht seine Auslieferung durch Österreich verlangt hätten. Die Anzeige des Wiesenthal-Zentrums basiert auf den Recherchen des Amateurhistorikers Alen Budaj aus Pozega. Dieser hat im Rahmen seiner Forschungen über die Juden in der Stadt ein Dossier erstellt, das Asner schwer belastet. Laut Medienberichten hat er ausreichend Beweise zusammengetragen, um einen Prozess gegen Asner zu rechtfertigen. Es gibt auch eine Liste mit den Namen von 16 Belastungszeugen.

Kleine Zeitung Online, July 15, 2005