2.06.2005 der Standard
 
  Wiesenthal Center drängt Österreich: "Nazi-Kriegsverbrecher Asner verurteilen"  
 


Zuroff: Regierung soll gerichtliche Schritte gegen mutmaßlichen Ustascha-Kriegsverbrecher, der sich in Klagenfurt aufhalten soll, einleiten

Wien - Das Simon Wiesenthal Center drängt Österreich auf die Einleitung gerichtlicher Schritte gegen den mutmaßlichen Ustascha-Kriegsverbrecher Milivoj Asner, der sich in Klagenfurt aufhält. Er war im Juli aus Kroatien geflohen, nachdem die kroatischen Behörden auf seinen Fall aufmerksam wurden.

In einem Brief an den israelischen Botschafter in Wien betont der Direktor des Wiesenthal-Centers, Efraim Zuroff, dass die österreichischen Behörden seit Monaten über den Aufenthalt Asners in Klagenfurt Bescheid wüssten. Trotzdem seien noch immer keine gerichtlichen Schritte unternommen worden, obwohl sich die Regierung dazu verpflichtet habe, gegen die Täter des Holocausts vorzugehen. Zuroff: "Die Regierung unterlässt es, Maßnahmen gegen den Nazi-Kriegsverbrecher einzuleiten. Obwohl Untersuchungen in Kroatien über seine Verbrechen laufen, gibt es keine Garantie, dass er dafür auch angeklagt wird. Je mehr Zeit vergeht, umso geringer sind die Chancen für strafrechtliche Verfolgung."

Seit 1945 in Österreich

Berichten kroatischer Medien zufolge lebte Asner seit 1945 in Österreich, ehe er 1991 nach Kroatien zurückging, als das Land die Unabhängigkeit von Jugoslawien proklamierte. Er wohnte in seiner Geburtsstadt Daruvar in Zentralkroatien. Im Jahr 2000 gründete er die "Ursprüngliche Bauernpartei". In Daruvar war Asner wegen scharfer Reden gegen Kommunisten und Partisanen im lokalen Radio bekannt.

Das Wiesenthal-Zentrum wirft Asner vor, zwischen 1941 und 1945 im von Nazi-Deutschland unterstützten "Unabhängigen Staat Kroatien" unter dem faschistischen Ustascha-Regime Kriegsverbrechen gegen Serben und Juden begangen zu haben.

Der Amateurhistoriker Alen Budaj aus Pozega hat im Rahmen seiner Forschungen über die Juden in der Stadt ein Dossier erstellt, das Asner belastet. Laut Medienberichten, hat er ausreichend Beweise zusammengetragen, um einen Prozess gegen Asner zu rechtfertigen. Nachdem der Amateurhistoriker seine Unterlagen dem Wiesenthal-Zentrum übergeben hatte, erstattete dessen Direktor, Efraim Zuroff, Anfang Juli 2004 Anzeige.

Kroatische Staatsanwaltschaft für Verfahren

Die kroatische Staatsanwaltschaft regte an, ein Verfahren einzuleiten. "Slobodna Dalmacija" zufolge sahen es die Staatsanwälte für erwiesen an, dass der Beschuldigte zwischen Mai 1941 und Februar 1942 Polizeichef in Pozega war. Der heute 91-Jährige soll am 26. August 1941 einen aus Bosnien-Herzegowina kommenden Transport mit 600 Serben der Ustascha übergeben haben. In einem nahe gelegenen Lager der Faschisten waren zu diesem Zeitpunkt 358 Menschen ermordet worden.

Darüber hinaus soll Asner am 16. Oktober ein Dokument unterzeichnet haben, auf dessen Grundlage 28 jüdische Familien aus ihren Wohnungen und Häusern geworfen wurden. Später wurden die Juden in Konzentrationslager transportiert.

Asner: "Von Juden und Kommunisten verleumdet"

Im Gespräch mit "profil" Anfang November wies Asner alle Anschuldigungen von sich. Er werde "von Juden und Kommunisten verleumdet". Er sei sogar von der Ustascha verfolgt und monatelang eingesperrt worden, weil er als Polizeichef auch gegen plündernde Ustascha-Leute vorgegangen sei. Die "heutige Wahrheit" sei, dass er wegen seiner Restitutionsforderungen von kroatischen Politikern unter Finanzierung jüdischer Agenten verleumdet werden solle, so Asner. "Jetzt, nach 60 Jahren."

Ustascha

Die 1929 gegründete und von Deutschland und Italien unterstützte faschistische Ustascha-Bewegung kämpfte für einen von Jugoslawien unabhängigen Staat. Während der Herrschaft der Ustascha auf dem Balkan wurden hunderttausende Serben, Juden, Roma sowie Kroaten grausam verfolgt und in Konzentrationslagern umgebracht.

"Letzte Chance"

"Die letzte Chance" ist eine internationale Operation gegen ehemalige NS-Kriegsverbrecher, der sich Kroatien im Juni anschloss. Während der Operation wurden in Kroatien Informationen über zehn Verdächtige gesammelt. (red/APA)

der Standard, June 2, 200



________________________________________________________________________