09.12.2009 - 02:30 nachrichten.rp-online.de
SS-Prozess als Signal
VON MATTHIAS BEERMANN

Eines ist anders im Aachener Prozess gegen den ehemaligen SS-Mann Heinrich Boere als in anderen derartigen Gerichtsverfahren: Der Angeklagte hat die ihm zur Last gelegten Taten gestanden. Detailliert schilderte der heute 88-Jährige, wie er 1944 an Haustüren klingelte, um holländische Zivilisten zu erschießen – im Auftrag seiner Vorgesetzten, die ihre niederträchtigen Geheimaufträge zum Mord als Vergeltungsmaßnahme deklarierten.

Boere beruft sich darauf, dass er damals keine andere Wahl hatte, dass er Gehorsam leisten musste. Wie seine individuelle Schuld zu bewerten ist, darüber muss jetzt das Gericht befinden. Die Bedeutung des Verfahrens liegt woanders. Die großen Verantwortlichen der zwischen 1933 und 1945 im deutschen Namen begangenen Verbrechen sind längst tot. Heute finden sich nur noch ihre Handlanger aus der zweiten oder dritten Reihe vor den Gerichten wieder, die Boeres oder Demjanjuks. Kleine Lichter, zwar, aber ohne sie wäre die Durchführung der Nazi-Untaten nicht möglich gewesen. Die Menschen darüber zu informieren, darin liegt die eigenliche Aufgabe der Prozesse gegen die greisen Täter. Ob sie eine mögliche Strafe dann wirklich noch verbüßen müssen, ist dagegen zweitrangig.

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