Donnerstag, 7. Juli 2011, 3:53 Uhr tagesschau.sf.tv
Neun deutsche NS-Täter in Italien zu lebenslänglich verurteilt

In einem der letzten grossen Prozesse gegen NS-Täter sind in Italien neun Deutsche in Abwesenheit zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Ein Militärgericht in Verona befand die früheren Wehrmachtsangehörigen für schuldig, im Frühjahr 1944 an Massakern in Norditalien beteiligt gewesen zu sein. Dabei starben insgesamt etwa 400 Zivilisten.

Drei weitere Angeklagte waren während des Prozesses gestorben, wie italienische Medien berichteten.

Im Gerichtssaal waren zahlreiche Hinterbliebene von Opfern der NS-Massaker und Bürgermeister der betroffenen Orte anwesend. Deren Angehörige nahmen den Schuldspruch mit Genugtuung zur Kenntnis.

Kritik an Deutschland wegen Auslieferungsverweigerung

Die Verurteilten gehörten der Fallschirm-Panzerdivision «Hermann Göring» an. Mehr als 65 Jahre nach den Taten in der Toskana und in der Emilia sind sie heute knapp 90 oder über 90 Jahre alt. Nach sechsjährigen Ermittlungen war in Abwesenheit gegen sie verhandelt worden.

Deutschland weigere sich bis heute, Täter aus der NS-Zeit ohne ihr Einverständnis auszuliefern, hatte die Arbeitsgemeinschaft Reggio-Emilia als Prozessbeobachterin vor der Urteilsverkündung kritisiert.

Schleppende juristische Aufarbeitung

Der Prozess vor dem Militärgericht in Verona war einer der letzten grossen Prozesse zu den Verbrechen der Wehrmacht. In Italien hat man sehr spät mit der juristischen Aufarbeitung der deutschen Besatzungszeit begonnen.

Erst durch das Verfahren gegen den SS-Offizier Erich Priebke wurden 1994 weitere Prozesse angestossen. Auch Priebke wurde wegen seiner Beteiligung an einem Massaker zu lebenslanger Haft verurteilt, die er heute in Rom im Hausarrest verbüsst.

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