08.07.2008 11:27 Uhr

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  Finale Jagd nach Doktor Tod
Von Peter Burghardt
 
 

Im Süden Chiles sucht das Simon-Wiesenthal-Zentrum den einstigen KZ-Arzt Aribert Heim. Die Nummer eins auf der Liste der meistgesuchten Mörder des Nazi-Regimes war für seinen Sadismus bekannt.

Deutsche Vergangenheit ist reichlich vertreten im Süden Chiles und Argentiniens. Auch in der chilenischen Hafenstadt Puerto Montt gibt es einen Club Alemán, er liegt im Zentrum hinter der Uferpromenade am Pazifik, gegenüber steht ein Denkmal für die arbeitsamen Einwanderer aus Alemania. Auch Puerto Varas, Osorno oder Llanquihue besitzen deutsche Vereine, Schulen, Kirchen, Altenheime. Deutschstämmige führen Lokale wie "Weißes Haus" oder "Dresden", ähnlich ist es auf der anderen Seite der Anden, im argentinischen Ferienort Bariloche.

Namen wie Heim fallen da nicht auf, bis zu seiner Verhaftung machte auch ein Priebke wenig Eindruck. Seit 150 Jahren siedeln Familien aus dem Schwarzwald, Sachsen oder dem Taunus an diesen Bergen, Wiesen und Seen, die aussehen wie im Allgäu oder der Schweiz, bloß mit Vulkanen und umgekehrten Jahreszeiten.


Teutonische Refugien in Südamerika
Henry Scholtbach kommt aus dem kühlen Juliregen in den Deutschen Verein zu Puerto Montt, auf der Karte stehen Kasseler und Sauerkraut, aber auch Ceviche und Empanadas. Es hat sich vieles vermischt mit den Generationen, selbst in diesem teutonischen Refugium mit Holzvertäfelung und Heimatbildern, dem Scholtbach, 68, seit 25 Jahren vorsteht. Der Nachfahre von Einwanderern aus Magdeburg spricht besser Spanisch, doch sein Deutsch ist fast perfekt. 90 Mitglieder hat dieser Club Alemán noch. Sie spielen Skat und pflegen einen Damenkreis.

Für das Fest nach der Renovierung wurde ein Video von Heino besorgt. Die Räume werden auch vermietet, 1999 gründete sich hier eine rechtsradikale Splitterpartei. Ansonsten will man von Politik nichts wissen, von düsteren Geschichten noch weniger. Ein alter Kriegsverbrecher namens Aribert Heim werde gesucht, genannt "Doktor Tod" und "Metzger von Mauthausen"? "Nie gehört", sagt Scholtbach, "interessiert uns auch nicht. Es wurde wegen dieses Krieges genug gelitten. Solche Leute liegen eh schon unter der Erde."

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