Das vor
dem Aachener Landgericht geplante Verfahren gegen einen
heute 87-jährigen
mutmaßlichen SS-Mörder ist geplatzt. Ein Gutachten
bescheinigt dem Mann dauerhafte Verhandlungsunfähigkeit.
Der Prozess gegen einen mutmaßlichen SS-Mörder,
der als Mitglied eines Killerkommandos drei Niederländer
erschossen haben soll, kommt nicht zustande. Aus gesundheitlichen
Gründen werde der 87-Jährige nicht vor Gericht
gestellt, teilte das Landgericht Aachen am Mittwoch mit.
Nach einem medizinischen Gutachten sei er nicht in der Lage,
als Angeklagter einem Prozess beizuwohnen. Die Verhandlung
gegen den in Eschweiler bei Aachen lebenden Mann wäre
einer der letzten Kriegsverbrecherprozesse in Deutschland
gewesen.
Die nordrhein-westfälische Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft
für NS- Verbrechen hatte gegen den mutmaßlichen
Dreifachmörder Anklage erhoben. Demnach soll ihn das
SS-Mordkommando "Feldmeijer" rekrutiert haben,
um niederländische Untergrundkämpfer zu ermorden.
Er soll 1944 in Breda, Voorschoten und Wassenaar bei Den
Haag "aus niedrigen Beweggründen und heimtückisch" drei
Menschen getötet haben.
In Abwesenheit zum Tode verurteilt
Nach Einschätzung der Kammer wäre im Falle des
Prozesses eine Verurteilung 64 Jahre nach Kriegsende wahrscheinlich
gewesen. Gegen die Entscheidung des Landgerichts sind Rechtsmittel
möglich.
Das Simon Wiesenthal Center, das sich die Ahndung von Nazi-
Verbrechen zur Aufgabe gemacht hat, äußerte „tiefste
Frustration“ und Kritik an den deutschen Behörden.
In einer Mitteilung erklärte Direktor Efraim Zuroff
in Jerusalem: "Hätte sein Fall die nötige
Aufmerksamkeit zum richtigen Zeitpunkt erhalten, wäre
er ins Gefängnis gewandert, lange bevor er der Gerechtigkeit
aus gesundheitlichen Gründen entkommen konnte."
Der in Eschweiler geborene Mann war den Gerichtsangaben
zufolge 1945 von den Niederländern verhaftet worden.
Zwei Jahre später floh er und tauchte unter. Ein Sondergericht
in Amsterdam verurteilte ihn 1949 in Abwesenheit zum Tode;
die Strafe wurde später in lebenslange Haft umgewandelt.
1954 kehrte der Mann laut Landgericht nach Eschweiler zurück
und arbeitete als Bergmann. Ein Auslieferungsersuchen niederländischer
Behörden von 1980 wies das Oberlandesgericht Köln
ab, da seine Nationalität nicht eindeutig geklärt
war und Deutsche damals nicht ausgeliefert werden durften.
Ein Antrag des niederländischen Justizministeriums 2003,
die lebenslange Haftstrafe in Deutschland zu vollstrecken,
wurde vom Oberlandesgericht Köln 2007 abgewiesen. Der
Beschuldigte sei in Amsterdam nicht in gebotener Weise verteidigt
gewesen, erklärten die Richter.
sueddeutsche.de
|