Der frühere
KZ-Arzt ist offenbar seit mehr als 16 Jahren tot. Das ergaben
Recherchen der "New York Times" und des ZDF. Der
meistgesuchte NS-Verbrecher wurde zuletzt in Südamerika
vermutet.
Der meistgesuchte NS-Verbrecher Aribert Heim ist nach Informationen
der "New York Times" und des ZDF schon lange tot.
Der frühere KZ-Arzt sei bereits am 10. August 1992 in
Kairo an Darmkrebs gestorben. Das ergaben gemeinsame Recherchen
der beiden Medien, wie der deutsche Fernsehsender am Mittwochabend
mitteilte. Der gebürtige Österreicher, der auch "Doktor
Tod" genannt wurde, war bisher in Südamerika vermutet
worden.
Heim arbeitete in den Konzentrationslagern Sachsenhausen
(1940), Buchenwald (1941) und Mauthausen. Im oberösterreichischen
KZ soll er hunderte Häftlinge mit tödlichen Injektionen
unter anderem direkt ins Herz umgebracht zu haben. Augenzeugen
berichteten, er habe aus der gegerbten Haut eines Opfers
einen Lampenschirm für den Lagerkommandanten herstellen
lassen.
Zum Islam konvertiert
Laut der Mitteilung des ZDF war Heim zu seiner Tarnung Anfang
der 1980er Jahre zum Islam konvertiert und trug seitdem
den Namen Tarek Farid Hussein. Das ZDF habe eine Aktentasche
von Heim gefunden, in der sich mehr als 100 Dokumente befanden.
Darunter seien die Kopie eines ägyptischen Passes,
Anträge auf Aufenthaltsgenehmigungen, Kontoauszüge,
persönliche Briefe und medizinische Unterlagen gewesen.
Danach lasse sich zweifelsfrei nachweisen, dass Hussein
der gesuchte Nazi-Verbrecher war.
Die Recherchen würden auch von zahlreichen Zeugen bestätigt,
unter ihnen der Sohn des Gesuchten, der in Deutschland lebe. "Ja,
mein Vater hat in Kairo gelebt", sagte der Sohn in einem
ZDF-Interview. Er habe seinen Vater Mitte der 1970er Jahre
erstmals in Kairo besucht und auch nach einer Krebsoperation
Anfang 1990 über mehrere Monate gepflegt.
Er habe seinen Vater auch mit den Vorwürfen konfrontiert,
die er von sich gewiesen habe. Ägyptische Freunde, Bekannte
und auch der Arzt des NS-Verbrechers wussten laut ZDF nichts
von dessen Vergangenheit.
>> Zum ZDF-Artikel
>>
Zum "New York Times"-Artikel
Keine amtliche Bestätigung
Ein Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg
bestätigte, dass es schon im Jahr 1967 einen Hinweis
gegeben habe, wonach Heim in Ägypten gearbeitet habe. "Die
Recherchen von "New York Times" und ZDF passen
zu den jüngsten Erkenntnissen der Behörde. Die
Informationen konnten jedoch noch nicht amtlich überprüft
werden."
Heim wurde im Jahr 1914 im steirischen Bad Radkersburg geboren
und promovierte im Jahr 1940 in Wien zum Doktor der Medizin.
Nach dem Zweiten Weltkrieg praktizierte er im süddeutschen
Baden-Baden als Frauenarzt.
Als im Jahr 1962 Anklage gegen ihn erhoben wurde, tauchte
er unter. Das Wiesenthal-Zentrum vermutete ihn zuletzt in
Südamerika. Die österreichische Regierung schrieb
im Jahr 2007 eine Prämie von 50.000 Euro für zweckdienliche
Hinweise zu seiner Ergreifung aus.
"Der größte Fisch"
Erst vergangenes Jahr setzte ihn das Wiesenthal-Zentrum erstmals
an die Spitze der Liste der meistgesuchten Kriegsverbrecher.
Heim löste Alois Brunner ab, von dem es hieß,
angesichts seines hohen Alters sei unwahrscheinlich, dass
er noch am Leben sei. Der Leiter des Wiesenthal-Zentrums,
Ephraim Zuroff, sagte, Heim stehe auf derselben Stufe mit
dem berüchtigten KZ-Arzt Josef Mengele und sei "der
größte Fisch", der noch zu fangen sei.
Noch im vorigen Jahr reiste Zuroff im Rahmen der "Operation:
Letzte Möglichkeit" in den Süden Argentiniens
und Chiles, um nach Hinweisen auf Heim zu suchen. Anschließend
schloss er nicht aus, dass der Gesuchte, der heute 94 wäre,
noch am Leben sein könnte.
diepresse.com
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