Aufschub für
den 89-jährigen John Demjanjuk: Das oberste US-Einwanderungsgericht
hat die für Sonntag vorgesehene Abschiebung des mutmaßlichen
KZ-Wächters nach Deutschland ausgesetzt. Er soll wegen
Beihilfe zum Mord in München vor Gericht gestellt werden.
Demjanjuk sollte am Montag in München ankommen. Die
dortige Staatsanwaltschaft hatte am 10. März 2009 wegen
Beihilfe zum Mord an mindestens 29.000 KZ-Insassen Haftbefehl
gegen ihn erlassen.
Die für Sonntag angesetzte Abschiebung des mutmaßlichen
KZ-Wächters ist nun jedoch ausgesetzt. Am Freitagabend
gab das Einwanderungsgericht in Washington einem entsprechenden
Eilantrag von Demjanjuks Anwalt John Broadley statt. "Nach
der Berücksichtigung der Eingaben des Antragsgegners
und des Ministeriums für Heimatschutz", entschied
das oberste US-Einwanderungsgericht in Arlington, die Abschiebung
vorübergehend zu stoppen.
Das Einwanderungsgericht gewinnt dadurch Zeit zu entscheiden,
ob es den Fall noch einmal neu eröffnet oder nicht.
Demjanjuk war 2003 die US-Staatsbürgerschaft aberkannt
worden, sein letzter Revisionsantrag vor dem Supreme Court
wurde im Mai 2008 zurückgewiesen. Seitdem ist er staatenlos.
Die Staatsanwaltschaft München hatte vor drei Wochen
einen Haftbefehl für ihn ausgestellt, in dem sie ihm
Beihilfe zum Mord in 29000 Fällen vorwarf, dadurch machte
sie den Weg für seine Auslieferung frei.
Demjanjuk leidet an Vorform von Blutkrebs
Demjanjuks Familie hatte ihren Eilantrag mit dem schlechten
Gesundheitszustand des 89-Jährigen begründet. Er
ist an einer Vorform von Blutkrebs erkrankt und leidet unter
einer chronischen Nierenkrankheit. Gestern hatte ihn zum
ersten Mal ein US-Amtsarzt der Einwanderungsbehörde
untersucht, der feststellen sollte, ob Demjanjuk einen Flug
aus seinem Wohnort Cleveland nach München überhaupt überstehen
würde.
Demjanjuks Verteidiger Broadley begrüßte die
Entscheidung. "Das ist ein Erfolg", sagte er. Die
Familie des 89-Jährigen fühlt sich in ihren Einwänden
bestätigt "Ich bin dankbar, dass der Richter erkannt
hat, dass es hier um Dinge geht, die noch einmal nachgeprüft
werden müssen", sagte Demjanjuks Sohn John Jr.
dem SPIEGEL. Er sei zuversichtlich, dass Einwanderungsrichter
erkennen werde, "dass es einfach falsch wäre, meinen
Vater nach Deutschland zu schicken".
In den Anträgen hatte Demjanjuk argumentiert, es käme "Folter" gleich,
einen so kranken Mann einem Prozess auszusetzen.
spiegel.de
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