Münster. Der Gedanke ist für den Leiter des Jerusalemer Simon
Wiesenthal Centers unerträglich: „Noch immer leben Nazi-Verbrecher,
denen es mit Glück oder Geschick gelungen ist, ihrer Strafe zu entgehen,
mitten unter uns.“ Dr. Efraim Zuroff würde sie lieber heute als morgen überführen,
denn die Zeit drängt. „Fünf, vielleicht sechs Jahre noch“,
schätzt er – dann werden sie gestorben sein. „Operation Last
Chance“ heißt das Projekt, das Zuroff 2002 ins Leben gerufen hat
und mit dem die letzten noch lebenden Holocaust-Täter aufgespürt werden
sollen.
Europaweit hat das Zentrum seitdem dazu aufgerufen, Informationen über
mögliche Täter weiterzuleiten. Hunderte Anrufe
gingen bei Hotlines ein, fast 500 Ermittlungsverfahren wurden
eingeleitet, mittlerweile 67 Verbrecher verurteilt. Für
Zuroff ein Beleg, „dass es immer noch möglich
ist, diese Menschen zur Verantwortung zu ziehen“.
Um die letzte Chance optimal zu nutzen, setzt das Center
auf Kooperationspartner. Zu ihnen gehört neuerdings
auch die Villa ten Hompel in Münster. In dem Haus wurden
während des Dritten Reichs Polizeibataillone aufgestellt,
die massiv an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung
Osteuropas beteiligt waren. Heute wird hier die NS-Vergangenheit
erforscht.
Wie Dr. Stefan Klemp, Mitarbeiter des Wiesenthal Centers,
am Dienstag betonte, wollen beide Seiten ab sofort den gegenseitigen
Informationsaustausch intensivieren. Aus den Ergebnissen
soll das gemeinsame Projekt „Europäische Täterbiografien“ entwickelt
werden. Zugleich wird die Villa ten Hompel, so weit möglich,
das Center bei der Täter-Suche unterstützen.
westfaelische-nachrichten.de
|