DORTMUND 65 Jahre
nach dem gewaltsamen Tod zweier ukrainischer Zwangsarbeiter
in einem Wald im Sauerland soll sich ein heute 81 Jahre alter
Mann aus Meschede-Berge wegen Mordes verantworten.
Die Zentralstelle im Lande NRW für die Bearbeitung
von NS-Verbrechen bei der Dortmunder Staatsanwaltschaft hatte
nach Hinweisen von Zeitzeugen den Fall wieder aufgerollt.
Der damals 16-Jährige soll 1944 zwei entflohene Kriegsgefangene
erschossen haben. Das Landgericht Arnsberg bestätigte
am Donnerstag den Eingang der Mordanklage gegen den 81-Jährigen.
Prüfung
Derzeit werde geprüft, ob die Anklage zugelassen wird. „Das
wird aufgrund der Stellungnahmefristen einige Wochen dauern“,
sagte Gerichtssprecher Peter Marchlewski. Sollte die Anklage
zugelassen werden, will das Gericht über Einzelheiten
aus der Anklageschrift und den voraussichtlichen Verfahrensablauf
informieren. Mit einem Prozess sei frühestens im Herbst
zu rechnen.
Auch wenn der Beschuldigte in Haft sei, gibt es nach Einschätzung
des Gerichtes einen gewissen Zeitdruck. „Unabhängig
von diesem Verfahren ist die Sachaufklärung nach über
60 Jahren nicht einfach. Schon allein deshalb gibt es einen
Zeitdruck“, sagte Marchlewski.
Kriegsende
Der Fall war bereits mehrfach Gegenstand von Ermittlungen,
zu einer Anklage war es aber nie gekommen. Gegen Kriegsende
hatte sich der Jugendliche auf Notwehr berufen. Er war zusammen
mit einem Freund in einem Wald bei Meschede-Visbeck unterwegs,
als ihn die beiden entlaufenen ukrainischen Kriegsgefangenen
angegriffen hätten. Diese Version war ihm damals und
auch bei einer zweiten Untersuchung nach einer anonymen Anzeige
im Jahr 1965 geglaubt worden. Aus den Schüssen selber
hatte der Mann nie einen Hehl gemacht.
"Ich habe die umgelegt"
Diesmal hat der 81-Jährige die Ermittlungen genau damit
offenbar selber ins Rollen gebracht. Auf einer Feier soll
er gesagt haben: „Ich habe die umgelegt“, zitierten
Ermittler der Zentralstelle im vergangenen Herbst aus den
Akten. Diese Aussage, die Zeugen weitergegeben hatten, ließen
erneut Zweifel an der Notwehr-Version aufkommen.
Sollte das Gericht die Anklage zulassen, muss sich der Rentner
vor einer Jugendkammer verantworten, weil er zum Zeitpunkt
der Tat erst 16 Jahre alt war. Möglicherweise könnte
sogar die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausgeschlossen
werden. ruhrnachrichten.de
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