28. Mai 2009 14:35 Uhr
ruhrnachrichten.de
Mordanklage nach 65 Jahren

DORTMUND 65 Jahre nach dem gewaltsamen Tod zweier ukrainischer Zwangsarbeiter in einem Wald im Sauerland soll sich ein heute 81 Jahre alter Mann aus Meschede-Berge wegen Mordes verantworten.

Die Zentralstelle im Lande NRW für die Bearbeitung von NS-Verbrechen bei der Dortmunder Staatsanwaltschaft hatte nach Hinweisen von Zeitzeugen den Fall wieder aufgerollt. Der damals 16-Jährige soll 1944 zwei entflohene Kriegsgefangene erschossen haben. Das Landgericht Arnsberg bestätigte am Donnerstag den Eingang der Mordanklage gegen den 81-Jährigen.

Prüfung

Derzeit werde geprüft, ob die Anklage zugelassen wird. „Das wird aufgrund der Stellungnahmefristen einige Wochen dauern“, sagte Gerichtssprecher Peter Marchlewski. Sollte die Anklage zugelassen werden, will das Gericht über Einzelheiten aus der Anklageschrift und den voraussichtlichen Verfahrensablauf informieren. Mit einem Prozess sei frühestens im Herbst zu rechnen.
Auch wenn der Beschuldigte in Haft sei, gibt es nach Einschätzung des Gerichtes einen gewissen Zeitdruck. „Unabhängig von diesem Verfahren ist die Sachaufklärung nach über 60 Jahren nicht einfach. Schon allein deshalb gibt es einen Zeitdruck“, sagte Marchlewski.

Kriegsende

Der Fall war bereits mehrfach Gegenstand von Ermittlungen, zu einer Anklage war es aber nie gekommen. Gegen Kriegsende hatte sich der Jugendliche auf Notwehr berufen. Er war zusammen mit einem Freund in einem Wald bei Meschede-Visbeck unterwegs, als ihn die beiden entlaufenen ukrainischen Kriegsgefangenen angegriffen hätten. Diese Version war ihm damals und auch bei einer zweiten Untersuchung nach einer anonymen Anzeige im Jahr 1965 geglaubt worden. Aus den Schüssen selber hatte der Mann nie einen Hehl gemacht.

"Ich habe die umgelegt"

Diesmal hat der 81-Jährige die Ermittlungen genau damit offenbar selber ins Rollen gebracht. Auf einer Feier soll er gesagt haben: „Ich habe die umgelegt“, zitierten Ermittler der Zentralstelle im vergangenen Herbst aus den Akten. Diese Aussage, die Zeugen weitergegeben hatten, ließen erneut Zweifel an der Notwehr-Version aufkommen.
Sollte das Gericht die Anklage zulassen, muss sich der Rentner vor einer Jugendkammer verantworten, weil er zum Zeitpunkt der Tat erst 16 Jahre alt war. Möglicherweise könnte sogar die Öffentlichkeit von dem Verfahren ausgeschlossen werden.

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