Mehr als 60 Jahre
nach dem Zweiten Weltkrieg häufen sich Prozesse gegen
deutsche Kriegsverbrecher. Ein Militärgericht in Rom
hat jetzt neun SS-Veteranen in Abwesenheit zu lebenslanger
Haft verurteilt. Sie hatten auf der Flucht vor den Alliierten
1944 in Fivizzano und anderen Dörfern der Toskana mehr
als 350 Zivilisten als angebliche Helfer von Partisanen erschossen.
Angeklagt waren elf Soldaten, einer wurde freigesprochen,
einer starb vor Ende des Prozesses. Dass die neun Verurteilten
ihre Strafe auch wirklich verbüßen müssen,
ist unwahrscheinlich. Sie sind zwischen 84 und 90 Jahre alt
und leben in Deutschland - in ähnlichen Fällen
hatte Italien nie die Durchsetzung des Urteils erzwungen.
Das Gericht verurteilte zudem die Bundesrepublik zu insgesamt
1,25 Millionen Euro Entschädigung an die betroffenen
Gemeinden und rund 50 Hinterbliebene. Bisher hat Deutschland
solche Zahlungen unter Verweis auf die völkerrechtliche
Immunität zurückgewiesen: Sie schützt Staaten
davor, von Gerichten eines anderen Landes verurteilt zu werden.
Das Verfahren war 1994 nach dem Fund von Akten über
695 NS-Verbrechen eröffnet worden. Auf ihrer Basis wurde
in Italien wegen eines Massakers auch schon der Ex-Offizier
Josef Scheungraber in Abwesenheit verurteilt. Er steht jetzt
in Deutschland vor Gericht. Das Urteil sollte am kommenden
Freitag fallen; Scheungraber wurde allerdings vergangene
Woche mit einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert. fr-online.de
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