vom 11. August 2009
markenpost.de
Lebenslange Haft in Münchner NS-Kriegsverbrecherprozess

In einem der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse ist ein Ex-Wehrmachtsoffizier vom Landgericht München I zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Der 90 Jahre alte Josef Sch. bleibt frei, bis über seine Revision entschieden ist.


In einem der letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse in Deutschland ist ein früherer Wehrmachtsoffizier vom Landgericht München I zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht befand den 90 Jahre alten Josef Sch. für schuldig, 1944 in der Toskana die Ermordung von zehn italienischen Zivilisten angeordnet zu haben. Der Rentner bleibt aber frei, bis über seine Revision gegen das Urteil entschieden ist.

Dem Urteil zufolge hatte Sch. im Juni 1944 nach der Tütung von zwei deutschen Soldaten durch italienische Partisanen als Kommandant seiner Kompanie angeordnet, eine Vergeltungsaktion zu verüben. Dazu seien in dem Dorf Falzano di Cortona elf Jungen und Münner im Alter von 15 bis 67 Jahren, die mit den Partisanen nichts zu tun hatten, in ein vermintes Bauernhaus getrieben worden. Bei der anschlie=enden Sprengung starben zehn der Zivilisten, nur ein15-Jühriger überlebte schwer verletzt.

Das Gericht verurteilte den aus Ottobrunn bei München stammenden früheren Schreiner deshalb wegen zehnfachen Mordes und eines Mordversuches. Vier weitere Mordvorwürfe lie= das Landgericht fallen: Es sei nicht beweisbar gewesen, dass Sch. wie von der Staatsanwaltschaft behauptet au=erdem vier Menschen aus Vergeltung habe erschie=en lassen. Mit der lebenslünglichen Haftstrafe folgten die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die drei Verteidiger von Sch. hatten auf Freispruch plüdiert.

Sein Rechtsanwalt Klaus Goebel kündigte umgehend Revision an. "Das ist ein skandalüses Urteil", sagte er. Dass Sch. bis zur Entscheidung über die Revision auf freiem Fu= bleibt, begründete eine Gerichtssprecherin damit, dass wegen seines Alters keine Fluchtgefahr bestehe.

Zwei als Nebenklüger auftretende Hinterbliebene der Opfer zeigten sich zufrieden. "Ich denke, das war ein sehr richtiges Urteil und ein wichtiges Urteil für unsere Familien", sagte die 66 Jahre alte Margaretha Lescai in München. Der Direktor des Jerusalemer Büros des Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, begrü=te die "neuen Anstrengungen der deutschen Justiz, NS-Tüter zur Rechenschaft zu ziehen".

In dem elf Monate dauernden Prozess bestritt Sch. durchweg, von der Racheaktion gewusst zu haben. Das Gericht kam dagegen zu der überzeugung, dass nur er den Befehl zu der Vergeltungsaktion habe geben künnen, da er der einzige Kommandant der Kompanie gewesen sei.

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