Die Verteidiger
des wegen zehnfachen Mordes verurteilten Ex-Leutnants Josef
Scheungraber, 90, haben Revision zum Bundesgerichtshof (BGH)
eingelegt. Das Fax ging nur wenige Stunden nach dem Urteilsspruch
vom Dienstag bei der zuständigen Kammer des Landgerichts
ein. Die Richter haben aufgrund der langen Verfahrensdauer
bis Anfang November Zeit, das Urteil schriftlich niederzulegen.
Nach Zustellung an die Anwälte haben diese vier Wochen
Zeit, ihre Revision zu begründen. Der Strafsenat am
BGH ist an keinerlei Fristen gebunden, da Scheungraber nicht
in Haft ist und somit kein Beschleunigungsgebot gilt.
Josef Scheungraber kritisierte in der Sendung "Kontrovers" im
Bayerischen Fernsehen das Urteil als "Schwindel und
ein Saustall sondergleichen". Er beteuerte seine Unschuld: "Die
können mich nicht einsperren. Weil der ganze Schmarrn
verlogen und erstohlen ist." Zudem warf er seinen Richtern
historische Unwissenheit vor: "Wenn ich mir diese Richter
da droben anschaue, da war vor 65 Jahren noch keiner auf
der Welt. Die sind ja alle erst 55. Was haben die für
eine Ahnung vom Krieg, von Nationalsozialismus, vom Dritten
Reich?"
Der in Ottobrunn lebende Scheungraber war 1944 als Kompanieführer
in der Toskana eingesetzt. Nach Überzeugung des Gerichts
gab er nach einem Partisanenangriff den Befehl zu einem Vergeltungsschlag.
Am 27. Juni 1944 pferchten Soldaten seiner Kompanie in Falzano
di Cortona elf Gefangene in ein Bauernhaus, das sie anschließend
in die Luft sprengten. Nur ein 15-jähriger Bauernjunge überlebte
das Massaker. Die Ermittlungen gegen Scheungraber begannen
im Januar 2005. In der Gemeinde Ottobrunn, wo er als Ehrenkommandant
der Feuerwehr und langjähriges Gemeinderatsmitglied
hohe Wertschätzung genoss, wusste davon niemand etwas.
Im April 2005 wurde dem 90-Jährigen sogar noch die "Bürgermedaille" verliehen.
Dazu ist das offizielle Ottobrunn am Mittwochabend aber bereits
auf Distanz gegangen. Der sechsköpfige Ältestenrat
ersucht den Gemeinderat nun einstimmig, diese Ehrung vorläufig
zu suspendieren. Die Empfehlung im Wortlaut: "Die Rechte,
die sich aus der Verleihung der Bürgermedaille an Herrn
Josef Scheungraber für diesen ergeben, ruhen bis zu
einem rechtskräftigen Urteil in dem anhängigen
Strafverfahren." soy, alek, ddp
sueddeutsche.de
|