Der Fall John Demjanjuk
beschäftigt nun auch das Bundesverfassungsgericht. Der
Verteidiger des mutmaßlichen NS-Verbrechers will den
Strafprozess wegen Beihilfe zum Mord in 27.900 Fällen
verhindern und eine Freilassung erwirken.
München - Der Verteidiger von John Demjanjuk hat am
Freitag Verfassungsbeschwerde mit Antrag auf einstweilige
Anordnung auf den Weg gebracht. Ziel sei die Einstellung
des Verfahrens und die Aufhebung des bestehenden Haftbefehls
gegen den gebürtigen Ukrainer, sagte Rechtsanwalt Ulrich
Busch. Es gebe keine deutsche Zuständigkeit für
einen Prozess gegen Demjanjuk. Zudem müssten die siebeneinhalb
Jahre angerechnet werden, die sein Mandant bereits in Israel
inhaftiert gewesen sei. "Dann bleibt kein Tag mehr übrig
für ihn zu verbüßen", so Busch weiter.
Die Staatsanwaltschaft München wirft Demjanjuk vor,
als Wachmann 1943 im Vernichtungslager Sobibor im besetzten
Polen bei der Ermordung von mindestens 27.900 Juden in den
Gaskammern geholfen zu haben.
Der Prozess gegen den 89-jährigen soll am 30. November
wegen Beihilfe zum Mord in Tausenden von Fällen vor
dem Münchner Landgericht beginnen. Für das Verfahren
sind vorerst 35 Tage bis zum 6. Mai 2010 angesetzt. Neun
Angehörige der damals Ermordeten aus den USA, den Niederlanden,
der Schweiz und Deutschland treten als Nebenkläger auf.
Hauptbeweismittel der Anklage ist ein SS-Dienstausweis mit
der Nummer 1393. Zudem geht aus einer Liste von März
1943 hervor, dass Demjanjuk damals nach Sobibor verlegt wurde.
Demjanjuk bestreitet die Vorwürfe. Er sitzt seit seiner
Abschiebung aus den USA im Mai in München-Stadelheim
in Untersuchungshaft. Ärzte erklärten ihn für
verhandlungsfähig, wenn der Prozess höchstens drei
Stunden täglich dauere.
Demjanjuk stand schon einmal wegen Beihilfe zum Mord an
Tausenden Juden vor Gericht. 1988 wurde er in Israel zum
Tode verurteilt. Er wurde für "Iwan den Schrecklichen" gehalten,
ein im Vernichtungslager Treblinka für seine sadistischen
Taten berüchtigter Aufseher. Nach neuen Beweisen hob
das Oberste Gericht Israels das Todesurteil allerdings auf,
und Demjanjuk kehrte in die USA zurück. Dort lebte bis
zu seiner Abschiebung nach Deutschland.
spiegel.de
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