In Deutschland
könnte sich ein spektakulärer Holocaust-Prozess
anbahnen. Samuel K. soll im Vernichtungslager Belzec an der
Ermordung von rund 430.000 Juden mitgewirkt haben. Später
arbeitete er in einem Bundesministerium - nach SPIEGEL-Informationen
prüft die Staatsanwaltschaft eine Anklage.
Hamburg - Er soll "einer der größten Mörder" im
Vernichtungslager Belzec gewesen sein: Samuel K., jahrelang Mitarbeiter
in einem Bundesministerium, heute 88 Jahre alt. Nach SPIEGEL-Informationen
hat die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg ihre Vorermittlungen
gegen Samuel K. abgeschlossen und einen 80 Seiten starken Bericht erstellt.
Sie gibt dieser Tage das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Dortmund
ab, die bald Anklage erheben könnte.
Parallel zum Münchner Gerichtsverfahren gegen den mutmaßlichen
SS-Gehilfen John Demjanjuk bahnt sich damit ein weiterer spektakulärer
Holocaust-Prozess in Deutschland an.
K. soll zwischen Ende November 1941 und Frühjahr 1943 als Aufseher
im Vernichtungslager Belzec an der Ermordung von mindestens 430.000 Juden
mitgewirkt haben. Als Zugwachmann mit der Erkennungsnummer 213 durfte
der Volksdeutsche wohl eine Pistole tragen und Untergebene befehligen.
Erst zum Demjanjuk-Prozess tauchte K.s Name wieder auf
Ein ehemaliger, mittlerweile verstorbener Kamerad hat ausgesagt, dass
K. außerdem selbst Juden erschossen hat, einmal Angehörige
eines Arbeitskommandos und einmal Häftlinge nach einem Fluchtversuch.
Ein Überlebender von Belzec nannte ihn laut Ermittlungsbericht "einen
der größten Mörder" im Lager.
K. lebt als Ruhestandsbeamter in der Nähe von Bonn, zuvor arbeitete
er als Amtsgehilfe im dortigen Bundesministerium für Raumordnung
und Städtebau. Geboren wurde er 1921 in der damaligen Sowjetunion,
in deutsche Dienste trat er als gefangener Sowjetsoldat im Sommer 1941.
Drei Jahre später erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft.
Obwohl K. in der Vergangenheit mehrfach als Zeuge in anderen Verfahren
aussagte, geriet er selbst nie ins Visier der Justiz. Erst zum Demjanjuk-Prozess
tauchte sein Name wieder auf, im vergangenen Sommer vernahmen ihn Beamte
des Bayerischen Landeskriminalamtes. In der Folge trug eine Ludwigsburger
Ermittlerin belastendes Material zusammen, vor allem Dokumente, die das
US-Justizministerium in osteuropäischen Archiven gesammelt hatte.
spiegel.de
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