Ein russischer Überlebender
des NS-Vernichtungslagers Sobibor will den in München
angeklagten mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher John Demjanjuk
als ehemaligen Wächter in dem Lager erkannt haben. "Ich
erinnere mich an ihn", sagte der 87-jährige Alexej
Vaizen am Mittwoch im tschechischen Rundfunk. Demnach hat
er Demjanjuk auf einem Foto erkannt. "Er war ein Wachmann.
Ich habe gesehen, wie er eine Gruppe von Gefangenen zum Arbeitseinsatz
in einen Wald führte", sagte Vaizen der Moskauer
Korrenspondentin des öffentlichen Senders. "Ich
erinnere mich an sie alle." Diesen Artikel weiter lesen
Sollte die Erinnerung Vaizens zutreffen, wäre er der erste Zeuge,
der Demjanjuk möglicherweise identifizieren und damit dem Prozess
gegen ihn eine wichtige Wendung geben könnte. Der Leiter des Jerusalemer
Büros des Simon Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff, sprach in dem
tschechischen Sender von einer "großartigen Nachricht",
die nun allerdings überprüft werden müsse. Im Prozess
gegen Demjanjuk in München haben zwei Sobidor-Überlebende ausgesagt,
die aber keine konkrete Erinnerung an den Angeklagten haben.
Auf die Frage, ob er denn in München vor Gericht aussagen würde,
reagierte der gebürtige ukrainische Jude Vaizen zurückhaltend. "Die
brauchen mich dort nicht", sagte er dem Sender. "Sie haben
genügend Beweise gegen ihn." Der 87-Jährige gilt nach
mehreren Herzinfarkten als gesundheitlich angeschlagen. Sein Haus in
Riasan südöstlich von Moskau verlässt er offenbar kaum
noch. Seinen Angaben zufolge wurde er 1942 nach Sobidor verschleppt und
konnte Ende des darauffolgenden Jahres bei einem Lageraufstand fliehen.
Seine ganze Familie habe er im Krieg verloren, sagte er in dem Radio-Interview.
Demjanjuk soll 1943 für ein halbes Jahr als Kriegsgefangener Wächter
in Sobidor gewesen und sich in der Zeit der Beihilfe zum Mord in 27.900
Fällen schuldig gemacht haben. Er bestreitet die Vorwürfe.
Zu den wichtigsten Beweisstücken gegen ihn zählen ein Dienstausweis
und Verlegungslisten, nach denen Demjanjuk im März 1943 nach Sobibor
kam und im Oktober ins KZ Flossenbürg verlegt wurde. Die Anklage
ist von der Echtheit der Dokumente überzeugt. Der 89-jährige
Demjanjuk steht seit November vor dem Landgericht München II. Er
hatte jahrzehntelang in den USA gelebt und war nach einem langen Rechtsstreit
im Mai vergangenen Jahres nach Deutschland gebracht worden.
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