1944
hat der SS-Mann Boere drei niederländische Zivilisten
ermordet. Ein Hitler-Erlass aus dem Jahr 1943 schützte
ihn nach dem Krieg vor Verfolgung. Im Alter von 88 Jahren
muss er damit rechnen, den Rest seines Lebens hinter Gittern
verbringen zu müssen.
Der
frühere SS-Mann Heinrich Boere soll nach dem Willen
der Staatsanwaltschaft wegen dreifachen Mordes für den
Rest seines Lebens ins Gefängnis. Boere ist heute 88
Jahre alt.
Für den Mord an drei niederländische Zivilisten unter NS-Besatzung
forderte die Anklage "je eine lebenslange Haftstrafe". Als
Mitglied des SS-Killerkommandos "Feldmeijer" habe Boere die
Männer 1944 heimtückisch erschossen. "Es liegen keine
mildernden Umstände vor", sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß in
seinem Plädoyer vor dem Aachener Landgericht. Boere hatte die Morde
gestanden, sich aber auf Befehlsnotstand berufen.
"
Kein kleines Licht"
"Hier steht kein sogenanntes kleines Licht vor Gericht", sagte
Maaß. Boere folgte der Verhandlung an 18 Prozesstagen im Rollstuhl. "Wir
sind es den Opfern schuldig, sie nicht zu vergessen", begründete
Maaß die Notwendigkeit der Aufklärung 65 Jahre nach Kriegsende.
Auch sei es eine Verpflichtung, die Grauen der Nazi-Verbrechen in Erinnerung
zu behalten. Die beiden Nebenkläger, Söhne von zwei Opfern,
forderten lebenslange Haft und die Feststellung der besonderen Schwere
der Schuld.
Boere habe mit Komplizen im Juli und September 1944 auf Befehl drei
Männer in Breda, Voorschoten und Wassenaar bei Den Haag heimtückisch
erschossen. "Die Ausführung der Befehle verstieß gegen
das elementare Tötungsverbot", sagte Maaß. Die Befehle
seien rechtswidrig gewesen. Boere habe mit einer "menschenverachtenden
Gesinnung" gehandelt. Er habe sich selbst für das Mordkommando "Feldmeijer" gemeldet,
habe sich nie darum bemüht, von den Ausführungen freigestellt
zu werden und sei selbst in letzter Minute nicht ausgestiegen, obwohl
das möglich gewesen wäre.
Geschützt von einem Hitler-Erlass
Boere, der auf der Liste der zehn meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher
des Wiesenthal-Zentrums steht, hat die Taten gestanden, beruft sich jedoch
darauf, dass er nur Befehle ausgeführt habe. Jahrzehntelang lebte
er unbehelligt in der Bundesrepublik. Obwohl ein Gericht in Amsterdam
ihn verurteilt hatte, wurde er nie ausgeliefert: Dank eines "Führererlasses" vom
Mai 1943 galt der gebürtige Niederländer in der Bundesrepublik
als Deutscher - die Auslieferung war damit unmöglich.
In Deutschland entschied die Staatsanwaltschaft Dortmund 1984, dass
die Boere zur Last gelegten Morde nicht als solche zu werten seien. Die
Aktion "Silbertanne", an der Boere beteiligt war, sei "zulässig
und rechtmäßig" gewesen. Diese Haltung seitens der Ermittler
hat sich erst in den vergangenen Jahren verändert.
Die Verteidigung soll am 16. März plädieren. Das Urteil wird
für den 23. März erwartet.
n-tv.de
|