Die
britische Boulevardzeitung «Sun» hat einen der meistgesuchten
NS-Kriegsverbrecher auf eigene Faust ausfindig gemacht. Ein
Reporter konfrontierte den 88-jährigen Klaas Faber beim Spazieren
mit seinen Taten.
Auf der Liste der zehn meistgesuchten NS-Verbrecher steht auf Platz fünf Klaas
Carel Faber. Der in den Niederlanden verurteilte Mörder lebt
heute unbehelligt in Deutschland. «Die deutsche Justiz hat
ihn nicht nur nie verurteilt, sie hat ihn sogar vor den holländischen
Behörden beschützt», schrieb die deutsche Wochenzeitung «Zeit»
vor gut einem Jahr in einem Artikel mit dem Titel «Der Demjanjuk
aus Ingolstadt».
Und so kam es: Dem Niederländer Klaas Carel Faber werden 22 Morde angelastet.
1944 wird das Gestapo-Mitglied in Holland wegen der Hinrichtung
von Gefangenen zum Tode verurteilt. Später wurde seine Strafe
in lebenslange Haft umgewandelt. Am 26. Dezember 1952 gelang
Faber mit sechs weiteren NS-Kriegsverbrechern die Flucht
aus einem Gefängnis in Breda. Die Nazis überquerten die Grenze
zu Deutschland, wo sie von deutschen Zollbeamten herzlich
empfangen wurden.
Ermittlungsverfahren wurden alle eingestellt
Zwei Tage später bat die niederländische
Regierung die Bundesrepublik offiziell um die Verhaftung
und Auslieferung der Flüchtigen. Sie wurden zwar rasch gefasst,
in die Niederlande kam aber nur einer zurück. Der Grund:
Der Bundesgerichtshof erklärte sie zu Deutschen. Laut Grundgesetz
dürfen sie daher nicht ausgeliefert werden. Sie haben mit
dem Eintritt in die Waffen-SS ihre niederländische Staatsangehörigkeit
verloren und die deutsche erworben. Die Rechtsgrundlage ist
ein Erlass des «Führers» vom 19. Mai 1943.
Die deutschen Behörden eröffneten
zwar Ermittlungsverfahren gegen die verbliebenen sechs Flüchtlinge
aus Breda. Aber sie wurden allesamt eingestellt.
Faber lebt seit mehr als 50 Jahren
im bayerischen Ingolstadt. Gemäss der «Zeit» wendeten sich
im April 2008 Nachkommen von Opfern Fabers an die Regierung
in Den Haag mit der Bitte, diese sollen in Berlin erneut
um einen Prozess gegen ihn nachsuchen. Bis heute geschah
nichts. Seit einem Jahr steht er nun aber auf der Liste der
zehn meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher des Simon-Wiesenthal-Zentrums.
«Finsteres Schweigen»
Die britische Boulevardzeitung «Sun»
hat Klaas Carel Faber nun in Ingolstadt aufgelauert, wo der
88-jährige mit seiner Frau Jacoba lebt. Die Zeitung schreibt:
«Nach Jahren als anonymer Büroangestellter bei Audi geniesst
er seinen Ruhestand in Parks und geht mit seinem VW Golf
einkaufen.» Nachbarn sagen, der Vater von drei Kindern sei
ruhig und freundlich.
Ein «Sun»-Reporter konfrontiert Faber
in der Nähe seiner Wohnung mit seiner grausamen Vergangenheit
als Kriegsverbrecher. Ob er denn Reue empfinde? Faber habe
nicht geantwortet und einen starren Blick aufgesetzt. Die
«Sun» nennt es «finsteres Schweigen».
Efraim Zuroff, Direktor des Simon
Wiesenthal Centres, sagt: «Er ist einer der bösesten Menschen,
die noch leben. Dass Deutschland diesen Verbrecher weiterhin
schützt, schadet dem Ruf der Nation gewaltig.»
Die deutschen Behörden haben gegenüber
der «Sun» bestätigt, dass Faber nicht ausgeliefert werden
könne, da er Immunität geniesse.
tagesanzeiger.ch
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