Seit
den 50er Jahren lebt der in den Niederlanden zu lebenslanger
Haft verurteilte und später geflohene mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher
Klaas Carel Faber unbehelligt in Deutschland. Jetzt will
die deutsche Justiz eine Auslieferung Fabers ermöglichen.
Damit droht dem 88-Jährigen eine Haftstrafe.
Die Niederlande wollen den in Deutschland lebenden NS-Verbrecher
Klaas Carel Faber doch noch ins Gefängnis bringen. Deshalb
sei Den Haag grundsätzlich bereit, in Deutschland erneut
um Hilfe bei der Vollstreckung der Haftstrafe nachzusuchen,
sagte der Sprecher des Justizministeriums.
Der gebürtige Niederländer Faber ist inzwischen 88 Jahre alt und lebt seit langem
unbehelligt in Ingolstadt. In den Niederlanden
war er für die Ermordung von mehreren Gefangenen
im Transitlager Westerbork 1944 zum Tode verurteilt
worden. Das Urteil wurde 1948 in eine lebenslange
Haftstrafe umgewandelt. 1952 floh Faber aus
dem Gefängnis von Breda.
SEine Auslieferung hatten die deutschen Behörden stets abgelehnt. "Es gab immer wieder Staatsanwälte, die das Recht sehr stark zugunsten der Beschuldigten
auslegten", sagte der Historiker Harald Fühner im Interview mit n-tv.de. "Nicht wenige Historiker entdecken hier eine gewisse Rest-Kameraderie." Fühner wies allerdings auch darauf hin, dass die niederländischen und deutschen
Behörden Schwierigkeiten bei der Kooperation
hatten: "Viele Kriegsverbrecher hatten das Glück, immer wieder im Windschatten von Politik
und Justiz zu segeln."
Faber war erst im vergangenen Jahr vom Simon-Wiesenthal-Center auf die Liste
der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher gesetzt
worden, um auf seinen Fall aufmerksam zu machen,
wie der Leiter des Zentrums, Efraim Zuroff,
n-tv.de sagte.
Justizministerin
macht Druck
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
dringt nun darauf, Faber doch noch zur Verantwortung
zu ziehen. Wie ihr Sprecher in Berlin bestätigte,
regte sie in einem Telefonat mit ihrem Amtskollegen
Ernst Hirsch Ballin ein Vollstreckungs-Übernahme-Ersuchen
an, mit dem Faber seine in den Niederlanden
verhängte Strafe in Deutschland absitzen könnte.
"Wir
rechnen in der kommenden Woche mit weiteren
Informationen aus Deutschland", sagte der Sprecher des niederländischen Justizministeriums, Wim van der Weegen,
in Den Haag. "Je nachdem, welche Möglichkeiten die deutsche Justiz noch sieht, wollen wir reagieren." Wann und in welcher Form dann ein entsprechendes Ersuchen an die deutsche Justiz
übermittelt werden könnte, sei derzeit noch
unklar.
Leutheusser-Schnarrenberger
sagte der "Süddeutschen Zeitung": "Ich freue mich, dass mein niederländischer Amtskollege große Bereitschaft gezeigt
hat, mit einem neuen Ersuchen das Urteil gegen
Klaas Faber in Deutschland zur Vollstreckung
zu bringen." Die bayerische Justizministerin Beate Merk von der CSU hatte angekündigt, den
Fall schnell zu überprüfen, wenn es ein entsprechendes
Begehren der Niederlande vorliegt.
"Führererlass" stand
im Wege
Bereits im vergangenen Jahr hatte Leutheusser-Schnarrenberger
von Bayern die Wiederaufnahme der Strafverfolgung
Fabers verlangt. In Deutschland war Faber nie
verurteilt worden. Die deutsche Justiz war
zwar tätig geworden, hielt aber die Beweise
für nicht ausreichend. Eine Auslieferung hatte
sie unter Hinweis auf einen Erlass aus der
Nazi-Zeit abgelehnt: Im Mai 1943 hatte Adolf
Hitler entschieden, dass alle niederländischen
Freiwilligen der Waffen-SS automatisch deutsche
Staatsbürger sind. Zuletzt scheiterte im Jahr
2004 ein Antrag der Niederlande auf Auslieferung.
Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung wird
von Leutheusser-Schnarrenberger angezweifelt.
n-tv.de
|