Der
ungarischer Kriegsverbrecher Sandor Kepiro flüchtete vor
Nazi-Jägern nach Argentinien, kehrte nach Ungarn zurück und
klagt jetzt gegen seine Verfolger. Der Umgang mit dem Fall
stößt auf Kritik.
Die jüdische Gemeinde Novi Sad in Serbien ist
empört. Der Grund: Sandor Kepiro, ehemaliger
Offizier der ungarischen Gendarmerie klagt
in Budapest gegen seinen Jäger Efraim Zuroff
wegen Verleumdung. Efraim Zuroff, Leiter
des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem,
klagt wiederum ebenfalls in Budapest gegen
Sandor Kepiro. Kepiro wird beschuldigt, als
Offizier im 2. Weltkrieg mit den faschistischen
ungarischen Truppen die so genannte Novi
Sader Razzia durchgeführt zu haben. Dabei
wurden allein in dieser Stadt mehr als 1300
Juden, Serben und Roma ermordet und in die
im Januar 1942 vereiste Donau geworfen. Insgesamt
wurden in Novi Sad und Umgebung bei dieser
Razzia etwa 4000 Menschen ermordet, darunter
zahlreiche Frauen, Kinder und ältere Männer.
Kepiro steht zudem unter Anklage, sich an
der Deportation der Juden aus Novi Sad nach
Auschwitz beteiligt zu haben.
Haftstrafen nicht vollstreckt
Ana Frenkel, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Novi Sad und Mitarbeiterin
des Simon-Wiesenthal-Zentrums ist enttäuscht,
weil die ungarische Justiz die Klage von Kepiro
vorzieht. Nazi-Jäger Zuroff hatte bereits 2006
der ungarischen Justiz Beweise vorgelegt über
die Beteiligung Kepiros an der Razzia in Novi
Sad. Die Klage wegen Verleumdung gegen seinen
Jäger Zuruff hatte der heute 96-Jährige allerdings
erst 2007 eingereicht. Dafür, dass Kepiro seine
Schuld an der Razzia in Novi Sad leugnet, hat
Frenkel wenig Verständnis. "Warum ist er dann 60 Jahre geflohen vor den Einen und den Anderen, die seine
Verbrechen beweisen konnten". Kepiro sei nämlich zweimal wegen Kriegsverbrechen verurteilt worden. Von der
ungarischen Justiz 1944 zu zehn und 1946 zu
14 Jahren Haft. Die hat er allerdings nie verbüßt,
weil er nach dem 2. Weltkrieg nach Argentinien
geflohen war. Nach Ungarn kehrte Kepiros erst
vor einigen Jahren zurück, den Vollzug des
Urteils aus der Nachkriegszeit setzte die ungarische
Justiz aus. Beim Simon-Wiesenthal-Zentrum in
Jersusalem stößt auch dieses Vorgehen auf heftige
Kritik.
Deutschland als Beispiel
Ana Frenkel zufolge ist der Fall Sandor Kepiro universell, und die eigentliche
Botschaft ist, dass sich alle Kriegsverbrecher
verantworten müssen unabhängig von ihrer Herkunft.
Sie glaubt fest, "dass alle Kriegsverbrecher weltweit für die Gräueltaten, die sie vor 68 oder
vor 20 Jahren begangen haben, gefasst werden
und sich individuell für diese Verbrechen verantworten
müssen." Frenkel meint darüber hinaus, dass Deutschland mit seiner Art die Nazi-Vergangenheit
aufzuarbeiten, als Beispiel dienen kann. "Deutschland kann seine Zukunft auf der Vergangenheitsbewältigung aufbauen und
dafür gebührt dem Land alle Ehre. Aber auch
aus diesem Beispiel können wir alle eine Lehre
ziehen, und zwar, dass dies eigentlich der
einzige Weg ist", so Frenkel.
Gegen
Kepiro hat zudem auch die Staatsanwaltschaft
für Kriegsverbrechen in Serbien einen Ermittlungsantrag
im September 2008 gestellt. Damals wurde auch
ein Haftbefehl gegen Kepiro ausgestellt. Ungarn
berief sich indes auf seine Verfassung, die
die Auslieferung ungarischer Staatsbürger untersagt.
Der Verhandlungstermin
Kepiro gegen seinen Jäger Zuroff ist im Dezember.
Dann wird vermutlich auch ein Urteil ausgesprochen.
Wenn das Gericht Zuroff für schuldig befindet,
kann er mit einer Geldstrafe oder gar einer
Haftstrafe bis zu zwei Jahren rechnen.
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