Der
in den Niederlanden verurteilte NS-Verbrecher Klaas Faber
lebt unbehelligt in Bayern. Die Justizministerin will das
ändern, die zuständigen Behörden sind skeptisch.
DSeit seiner Flucht aus einem Gefängnis im holländischen Breda am 26. Dezember
1952 hat Klaas Faber viele ruhige Weihnachtsfeste
verbracht. Der verurteilte NS-Kriegsverbrecher
lebt bis heute in Freiheit in Ingolstadt. Jetzt
drängen die Niederlande und Israel Deutschland,
den 88-Jährigen auszuliefern. Bei Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rennen
sie offene Türen ein. Die zuständigen Behörden
in Bayern jedoch bewerten die Chancen skeptisch,
Faber noch der Gerechtigkeit zuzuführen.
Klaas Carel Faber wurde 1947 in den Niederlanden zum Tode verurteilt. Als Freiwilliger
der Waffen-SS war er für den Tod von mehr als
20 meist jüdischen Gefangenen verantwortlich,
unter anderem im KZ Westerbork, wo auch Anne
Frank zeitweise saß. 1948 wurde das Urteil
in lebenslange Haft umgewandelt. Als 1952 zu
Weihnachten ein Film im Gefängnis gezeigt wurde,
nutzten er und sechs weitere NS-Kollaborateure
die Gelegenheit zur Flucht nach Deutschland.
Neuer
europäischer Haftbefehl
Adolf
Hitler hatte 1943 dekretiert, dass ausländische
Mitglieder der Waffen-SS automatisch ihre alte
Staatsangehörigkeit verlieren und die deutsche
erhalten. Der Bundesgerichtshof entschied 1954,
dieser Erlass habe Bestand; Deutsche aber dürfen
laut Grundgesetz nicht ausgeliefert werden.
Die deutschen Behörden leiteten eigene Ermittlungen
ein, stellten die Verfahren aber bald ein.
Heute
lebt von den „Sieben von Breda“ nur noch Faber.
Leutheusser-Schnarrenberger hat mit den niederländischen
Behörden telefoniert, um über Wege zu sprechen,
wie er doch noch bestraft werden kann. Ende
November erließen die Niederländer einen europäischen
Haftbefehl. Darin wird Faber als „staatenlos“
bezeichnet. Nun prüfen die bayerischen Behörden,
ob er wirklich staatenlos ist.
Im Münchener
Justizministerium will man nicht vorgreifen,
weist aber auf Anfrage der Frankfurter Rundschau
darauf hin, schon das Oberlandesgericht Düsseldorf
habe 1954 die Auslieferung für unzulässig erklärt,
„da Faber Deutscher sei“. Faber könnte nur
mit seiner Zustimmung ausgeliefert werden.
Die Niederlande
haben angekündigt, die Vollstreckung der Strafe
in Deutschland zu beantragen, sollte der Haftbefehl
abgelehnt werden. Einen solchen Antrag hatte
das Landgericht Ingolstadt schon 2004 abgewiesen.
Die Vollstreckung würde, so das Gericht unter
Hinweis auf die eingestellten deutschen Ermittlungen,
gegen den Grundsatz verstoßen, dass niemand
zweimal wegen der gleichen Tat verfolgt werden
darf.
Bliebe
noch ein neues deutsches Ermittlungsverfahren.
Dafür müssten sich neue Tatsachen ergeben,
die in früheren Verfahren nicht gewürdigt wurden.
Die Niederländer hatten die deutschen Ermittlungen
in den 50er Jahren nicht unterstützt, weil
sie den Behörden des Nachbarlandes nicht trauten.
Auch deshalb blieben die Verfahren ergebnislos.
Neue Tatsachen
müsste es also genug geben. Doch die Staatsanwaltschaft
München I hatte bereits 2006 neu ermittelt
– und kam zu dem Ergebnis, die Kriegsverbrechen
Fabers seien allenfalls Totschlag oder Beihilfe
zum Mord und damit verjährt.
Appell
israelischer Anwälte
Wenn ein
Bericht der Daily Mail zutrifft, bereitet Faber
sich auf juristische Querelen vor und hat sich
den Beistand der „Stillen Hilfe für Kriegsgefangene
und Internierte“ gesichert. Die 1951 gegründete
Organisation hat schon viele mutmaßliche NS-Täter
mit Anwälten und Geld unterstützt. Laut Daily
Mail setzt sich auch die 81-jährige Gudrun
Burwitz für Faber ein, die Tochter von SS-Führer
Heinrich Himmler und Führungsfigur der „Stillen
Hilfe“.
Israelische
Medien berichten mit Unverständnis über die
Causa Faber. Nach einem Appell von 150 Jerusalemer
Anwälten intervenierte Israels Justizminister
Jaakov Neeman per Brief bei Leutheusser-Schnarrenberger.
Die Holocaust-Gedenkstätte
Jad Vaschem und das Simon-Wiesenthal-Zentrum
schlossen sich der Petition an. Efraim Zuroff,
Direktor des Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem,
sagt über Faber: „Er ist einer der bösesten
Menschen, die noch leben. Dass Deutschland
diesen Verbrecher weiterhin schützt, schadet
dem Ruf der Nation gewaltig.“
fr-online.de
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