Das
Simon Wiesenthal Center ruft zum Boykott von zwei Restaurants
im EM-Spielort Lemberg auf. Dort bediene man alte Vorurteile
und huldige Nazis.
LEMBERG taz | Boykottaufrufe sind der Trend dieses Sommers.
Bundeskanzlerin Merkel und ihre Kollegen bleiben den Ehrentribünen
ukrainischer Fußballstadien fern. Und das Simon Wiesenthal
Center rief die Fußballfreunde Europas zum Boykott
zweier angeblich antisemitischer Kneipen im EM-Spielort
Lemberg auf.
Bei der einen handelt es sich um das „Pid Solotuju
Rosoju“ (Zur goldenen Rose), wo man in galizisch-jüdischem
19.-Jahrhundert-Dekor speist. Kenner der jüdischen Küche
schmecken die Fälschung, denn von Juden wird man hier
nicht bewirtet. Vielmehr ist das „Pid Solotuju Rosoju“ eine
von 15 Themenkneipen der hiesigen Firma LOKAL, die Erlebnisgastronomie
in großem Stil betreibt.
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Es ist alles Kulisse. Und zu dem Märchen, das hier
erzählt wird, gehört auch die in der Speisenkarte
nachzulesende sozialromantische Darstellung des unbeschwerten
Zusammenlebens der Völker in Lemberg, bevor „Gott
sein Lächeln verlor und eine ganze Nation getötet
wurde in einer Katastrophe – der Schoah.“ Der
Erinnerung an das unbeschwerte Dasein vor der Schoah ist
dieses Restaurant gewidmet. Zwei Rituale bietet man dem Gast
an: ein rituelles Händewaschen vor dem Essen und ein – ebenso
rituelles – Schachern um die Höhe der Rechnung
danach.
Für den Direktor des Wiesenthal Centers, Efraim Zuroff,
wird damit in völlig unakzeptabler Weise ein altbekanntes
osteuropäisches Vorurteil vom um Geld feilschenden Juden
bedient. Übrigens bleibt jeder Gast, dem diese Folklore
zu albern ist, hier unbehelligt und zahlt einfach eine normale
Rechnung.
Parole „Ruhmreiche Ukraine“
Anders verhält es sich da mit dem zweiten beanstandeten
Etablissement, dem „Kryivka“. In diese dem Andenken
der ukrainischen Partisanen des Zweiten Weltkriegs gewidmeten
Kellerbunker kommt man wirklich nur hinein, wenn man die
nationalistische Parole des Türstehers mit einem „Slawa
Ukraina“ (Ruhmreiche Ukraine) beantwortet.
Aber irgendwie schafft das im dritten Anlauf auch der Sprachunbegabteste.
Efraim Zuroff findet, hier werde einer Vereinigung gehuldigt, „die
mit den Nazis kollaborierte und deren Anhänger sich
1941 am Massenmord von Juden beteiligten“. taz.de
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