25.07.12 welt.de
Mutmaßlicher NS-Kriegsverbrecher Csatary schwer belastet

Der in Ungarn aufgeflogene mutmaßliche Nazi-Kriegsverbrecher Laszlo Csatary ist einen Tag vor seiner Anhörung vor einem Ermittlungsrichter schwer belastet worden. Nach Angaben des ungarischen Holocaust-Museums findet sich die Unterschrift des 97-Jährigen unter zahlreichen Dokumenten, mit denen insgesamt 15.700 Juden zwischen 1941 und 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz geschickt wurden.

Csatary sagt, er sei unschuldig und seine Tätigkeit in dem Ghetto Kosice (deutsch: Kaschau) sei rein "administrativ" gewesen. Der Zeitung "Magyar Hirlap" sagte Csatary vergangene Woche: "Ich hatte eine Verwaltungsposition. Ich habe Pässe kontrolliert und übersetzt." Der Historiker Adam Gellert vom ungarischen Holocaust-Museum erklärte dagegen, zahlreiche Dokumente, die die Deportationen nach Auschwitz organisierten, "tragen die Unterschrift" von Laszlo Csatary.

Laut Dokumenten des Simon-Wiesenthal-Zentrums soll Csatary Frauen ausgepeitscht und mit unmenschlichen Arbeiten gequält haben. In den Unterlagen anderer Kriegsverbrecher-Prozesse berichteten zwei Zeugen, Csatary sei brutal gewesen und habe die Menschen im Ghetto geschlagen. Er habe, berichtete ein Zeuge, einmal unter der Androhung von Strafen verboten, Luftlöcher in die Wände Güterwaggons zu bohren, in denen mutmaßlich Menschen transportiert wurden.

17 Jahre lang lebte Csatary unbehelligt unter seinem echten Namen in Budapest. Das lange Stillhalten der ungarischen Justiz stieß weltweit auf Unverständnis. Am Mittwoch forderte die jüdische Gemeinde der Slowakei ihre Regierung auf, einen Auslieferungsantrag an Ungarn zu stellen. "Die Anklage (von 1948) wirft ihm zahlreiche Verbrechen vor, in deren Folge sehr viele Zivilisten, Alte, Frauen und Kinder, leiden und sterben mussten", sagte Jaroslav Franek, Sprecher der Vereinigung jüdisch-slowakischer Gemeinden, der Nachrichtenagentur AFP.

Csatary wurde vor einer Woche in Budapest festgenommen und steht seitdem unter Hausarrest. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Jerusalem hatte die ungarischen Behörden vor zehn Monaten auf den Aufenthaltsort Csatarys hingewiesen. Doch die Justiz wurde erst infolge internationaler Medienberichte über den Gesuchten tätig. Csatary war für seine Tätigkeit im Ghetto Kosice, das in der heutigen Slowakei liegt, 1948 in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden. Bis er 1995 von den örtlichen Behörden identifiziert wurde, lebte Csatary unter falschem Namen in Kanada und floh dann nach Ungarn.

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