02.08.2012 tagesschau.de
Neue Vorwürfe gegen mutmaßlichen NS-Verbrecher

Gegen den mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher Laszlo Csatáry sind neue schwere Anschuldigungen erhoben worden. Demnach soll Csatáry während des Zweiten Weltkriegs für die Verfolgung und Ermordung von Hunderten Gegnern der ungarischen Besatzungsmacht in der ostslowakischen Stadt Kosice (ungarisch Kassa) verantwortlich gewesen sein.

Der Sohn einer der Ermordeten habe nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur Strafanzeige gestellt. Slowakische Historiker gehen davon aus, dass der Herrschaft der ungarischen NS-Partei "Pfeilkreuzler" zwischen November 1944 und Januar 1945 bis zu 700 Einwohner von Kosice zum Opfer fielen.
Csatáry bestreitet weiterhin alle Vorwürfe

Gegen Csatáry laufen bereits Ermittlungen mit einem anderen Tatvorwurf. Der 97-Jährige wird beschuldigt, 1944 als Polizeichef im damals ungarisch besetzten Kosice eine Schlüsselrolle bei der Deportation von 15.700 Juden in NS-Vernichtungslager gespielt zu haben. Er habe die jüdischen Gefangenen zudem grausam gequält.

Bei einem Verhör der Budapester Staatsanwaltschaft Mitte der Woche hatte Csatáry die bisherigen Vorwürfe bestritten. Er sei kein Antisemit und auch nicht Kommandant des Ghettos im slowakischen Kosice gewesen, sagte Csatáry nach Angaben seines Rechtsanwalts, wie die ungarische Nachrichtenagentur MIT berichtete. Csatárys Anwalt hatte weiter erklärt, dass sein Mandant niemals Dokumente in der Eigenschaft als Ghettokommandant unterschrieben habe. Es sei nicht bewiesen, dass entsprechende Dokumente, die vor kurzem in slowakischen Archiven gefunden wurden, tatsächlich Csatárys Unterschrift trügen.

Schleppende Reaktion der ungarischen Behörden

Erst am 18. Juli war Csatáry nach langem Drängen des Jerusalemer Simon-Wiesenthal-Zentrums und internationaler Medienberichte erstmals von der ungarischen Staatsanwaltschaft verhört worden. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum hatte die ungarischen Behörden bereits im Herbst 2011 auf den Aufenthaltsort Csatárys Aufmerksam gemacht. Er steht seither in Budapest unter Hausarrest. Der slowakische Justizminister Tomas Borec hatte gefordert, den mutmaßlichen NS-Verbrecher auch in der Slowakei vor Gericht zu stellen.

Csatáry war am 8. Juni 1948 in Abwesenheit in Kosice zum Tode verurteilt worden. Nach dem Krieg war er nach Kanada geflohen. 1996 hatte ihm Kanada die Staatsbürgerschaft entzogen, nachdem dort seine Nazi-Vergangenheit publik wurde. Er kehrte daraufhin nach Budapest zurück und lebte dort bis vor kurzem unbehelligt.

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