Ein ehemaliger Wächter des Konzentrationslagers Auschwitz
könnte bald vor Gericht stehen. Ein Vorermittlungsverfahren
gegen den 87-Jährigen ist abgeschlossen, die Staatsanwaltschaft
hat den Fall übernommen. Der Mann soll zum Tod von mindestens
344.000 Juden beigetragen haben.
Ludwigsburg - Bisher ist wenig bekannt über den Mann,
der sich bald vor Gericht wiederfinden könnte: Er ist
87 Jahre alt, lebt im Ausland, hat keine deutsche Staatsbürgerschaft
- und er soll im Jahr 1944 als Wachmann im Konzentrationslager
Auschwitz-Birkenau an der Tötung von mindestens 344.000
ungarischen Juden beteiligt gewesen sein.
Der Mann soll durch seinen Dienst auf Wachtürmen und
an der Rampe zur Ermordung von Menschen beigetragen haben. "Eine
konkrete Tötung wird man ihm nicht nachweisen können",
sagt Kurt Schrimm, Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung
nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Es gebe
keinen Zeugen, der gesehen habe, wie der Mann jemanden in
die Gaskammer geführt habe. Aber man glaube, durch Dokumente
belegen zu können, dass der Verdächtige auch im
Vernichtungslager Birkenau gearbeitet habe.
Ein Vorermittlungsverfahren gegen den Mann sei abgeschlossen,
sagte Schrimm. Der Fall sei an die Staatsanwaltschaft in
Weiden in der Oberpfalz abgegeben worden. Die Weidener Ermittler
haben die Akte, die mehrere Ordner umfasst, am Montag erhalten. "Eine
Sichtung war bisher nicht möglich", sagte ein Sprecher.
Die Prüfung werde mehrere Wochen in Anspruch nehmen.
Erst dann könne entschieden werden, ob man für
den 87-Jährigen ein Auslieferungsersuchen stellen werde.
Die Weidener Ermittler sind laut Schrimm für den Fall
zuständig, weil der letzte bekannte Aufenthaltsort des
Verdächtigen im Bezirk Weiden lag. Dies liege allerdings
schon Jahrzehnte zurück. In welchem Land der Mann sich
nun aufhält, wollten weder die Zentrale Stelle noch
die Weidener Staatsanwälte sagen. Der 87-Jährige
war laut Schrimm schon jahrelang im Fokus der Ludwigsburger
Ermittler.
Erst vor rund einem Monat wurde in Ungarn der mutmaßliche
Kriegsverbrecher László Csatáry aufgespürt
und festgenommen. Dem 97-Jährigen wird vorgeworfen,
in den Jahren 1941 bis 1944 dabei geholfen zu haben, fast
16.000 Juden ins Konzentrationslager Auschwitz zu deportieren.
Csatáry bestreitet die Vorwürfe. spiegel.de
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