07.04.13 welt.de
Zuroff zufrieden mit neuer Fahndung nach NS-Tätern

Der israelische Nazi-Jäger Efraim Zuroff äußerte sich positiv über die Aufnahme von Vorermittlungen gegen 50 mutmaßliche NS-Täter in Deutschland:"Wir sind hocherfreut, dass diese Fahndungen jetzt begonnen haben", sagte der Leiter des Wiesenthal-Zentrums in Israel.

Er sei allerdings Realist und erwarte nicht, dass alle 50 mutmaßlichen KZ-Aufseher aus Auschwitz wirklich vor Gericht gestellt werden. "Wenn fünf bis zehn angeklagt werden, werde ich mich mitten in Berlin hinstellen und laut Hallelujah schreien", sagte Zuroff.

Die deutsche Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg bei Stuttgart hat nach Informationen der WAZ-Mediengruppe frühere KZ-Aufseher des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau im Visier. Der Vorwurf gegen die etwa 90-Jährigen laute auf Beihilfe zum Mord. Den Ermittlern liegen demnach Namen und Angaben zu Wohnorten der Tatverdächtigen in ganz Deutschland vor.

Demjanjuk-Urteil ermöglicht neue Verurteilungen

Man habe sich schon vor längerer Zeit mit den deutschen Ermittlern getroffen und sie "dazu ermutigt, die Bemühungen um eine Bestrafung der Täter auf ein Maximum zu verstärken", sagte Zuroff. Das Urteil gegen den einstigen Wachmann im Lager Sobibor, John Demjanjuk, habe "die Spielregeln völlig verändert", erklärte der Nazi-Jäger. Demjanjuk war 2011 wegen Beihilfe zum Mord in 20.000 Fällen zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.

Dieses Urteil ermögliche heute eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord "von all jenen, die in Todeslagern gedient haben, ohne dass man speziell beweisen müsste, dass sie persönlich jemanden umgebracht haben", sagte Zuroff. "Das ist eine völlig neue Situation."

Die neue Rechtslage spiegele die komplizierte Wirklichkeit während des Holocaust wider. Es sei vorher praktisch unmöglich gewesen, vor Gericht im Einzelfall eine Verantwortung zu beweisen.

Kleine Rädchen, die mit großer Effizienz mordeten

Er sehe aber keine Gefahr, dass deshalb "kleine Rädchen" in der NS-Todesmaschinerie ungerechterweise verurteilt werden. "Allein der Ausdruck kleines Rädchen ist für mich inakzeptabel", sagte Zuroff. "Wegen all dieser kleinen Rädchen wurde in den Vernichtungslagern mit einer so großen Effizienz gemordet."

Insgesamt sei man in den letzten Jahren häufig mit den Ergebnissen der deutschen Fahndung gegen NS-Täter zufrieden gewesen. "Was zählt, sind die Resultate", sagte Zuroff.

Im Rahmen der internationalen Kampagne "Operation Last Chance" seien auch die Bedingungen für eine finanzielle Belohnung von Hinweisen auf NS-Täter gelockert worden. Inzwischen gebe es auch Geld, wenn juristische Schritte eingeleitet werden, bei einer Verurteilung sogar maximal 25.000 Euro.

Ein hohes Alter der Verdächtigten allein sei kein Grund, von einer Strafverfolgung abzusehen, betonte er. "Das Einzige, was zählt, ist der Gesundheitszustand."

welt.de